Egalität,
nicht nur horizontal auch vertikal!
Gleichheit von oben und unten ist mehr als Gleichberechtigung.

Revolutionen und aufblühende Kulturen haben ein gemeinsames Element: Das der Egalität, es bedeutet prinzipielle Gleichheit. Dieses Prinzip haben die Französische Revolution und die Entwicklung der europäischen Demokratie, der Aufstieg Amerikas und auch der Erfolg des Islam der ersten 700 Jahre gemeinsam, eine tief verwurzelter Glaube an die prinzipielle Gleichheit der Menschen. Auch da, wo dieses Prinzip nur teilweise erfüllt ist, entwickelt sich etwas Neues von unten nach oben, das es vorher nicht gegeben hat, eine Dynamik, die durch keine Hierarchie, keinen Feudalismus und keine Herrschaft unterdrückt wird.

Ehe jetzt der allgemeine Aufschrei kommt:
Es geht hier nicht um Gleichmacherei, Gleichberechtigung, das Gutmenschentum, die Liebe zu Gott und den Menschen. Es geht hier nur um das, was die Französische Revolution Egalité genannt hat, hier übersetzt mit Egalität.

Egalität, also prinzipielle Gleichheit, ist etwas anderes als Gleichberechtigung von Mann und Frau, von Moslem und Christ, von schwarz und weiß: Das sind einzelne Elemente, sie erstrecken sich, bildlich gesprochen, auf der Ebene. Egalität hat eine dritte Dimension: Prinzipielle Gleichheit auch von oben nach unten und von unten nach oben. Gleichberechtigung von Herr und Knecht, von Regierung und Volk, von Eigentümer und Mieter, von Kapitalbesitzer und Leistungsbringer.

Wenn eine Kultur, ein System, eine Bewegung, ein Staat oder eine Religionsgemeinschaft, ein Sportverband, die Justiz, eine Partei, egal, wenn irgendeine Organisation die Egalität zwischen oben und unten aus den Augen verliert und die, die oben sind, zu sehr dominieren, indem sie unangefochten herrschen, diktieren, oder sich in totaler Sicherheit wiegen, dann gerät diese
Organisation in den
Taumel des
Abstiegs.

Wir fordern eine:
Obergrenze
für die Amtszeit von
Ministerpräsidenten und Ministerpräsidentinnen, Kanzlern und Kanzlerinnen
auf die Dauer von 8 4 Jahren

Ungleichheit verursacht Misstrauen; besonders die Ungleichheit an Macht, Einkommen und Besitz. Je größer die Ungleichheit, desto tiefer sitzt das Misstrauen. Wir beobachten dies zur Zeit sehr deutlich in unserem eigenen Land.
 
Das Misstrauen ist auf beiden Seiten enorm und die in der Mitte der Gesellschaft trauen weder denen da oben, der Regierung, noch denen da unten, den Flüchtlingen und Migranten. Abbau der extremen Ungleichheit und mehr Egalität würde wieder Vertrauen und Frieden in die Gesellschaft bringen.

Das Prinzip der Egalität ermöglicht den Aufstieg von unten nach oben für alle. Und, was genau so entscheidend ist, für gute Ideen, Gedanken, Neuerungen und Erfindungen. All das lässt sich nicht einfach von oben verordnen, fördern, bezuschussen, ausloben und subventionieren. Kultur wächst in einem Klima der Egalität. Kultur wächst von selbst von unten nach oben, solange dieser Prozess nicht unterdrückt wird.

Es wird sehr viel von Gleichberechtigung geredet und auch viel dafür getan, bis hin zur Gleichmacherei und gelegentlich bis zur Lächerlichkeit. Man sucht verzweifelt nach noch nicht Gleichberechtigten und findet sie bei Geschlechtsumwandlern oder Burka-Trägerinnen. Gerade dieser Aktivismus, welcher Gleichberechtigung auf allen erdenkbaren Ebenen herstellen will und vielleicht auch irgendwann durchsetzt, dieser Aktivismus verstellt den Blick auf die vertikale Ungleichheit, die alles erdrückt.
 
Die Herrschaft von oben nach unten ist resistent gegen alle die genannten Gleichberechtigungen in der Horizontalen.

Auch wenn Burka-Trägerinnen gegenüber Bikini-Trägerinnen und Transvestiten gegenüber Trappistenmönchen gleichberechtigt sein werden oder wenn sie es schon sind, das ändert nichts daran, dass die islamische Frau dem Manne und der Trapist dem Trappisten-Abt untertan bleiben. Trotz der Gleichberechtigungsdebatte.
 
Auch, wenn auf allen Ebenen sich Gleichberechtigung einstellen sollte, es kommt nicht nur auf die Gleichheit in der Ebene, sondern noch mehr auf prinzipielle Gleichheit in der Vertikalen an. Die aktuellen Grabenkämpfe lenken nur ab vom Defizit in der Gleichheit von Oben und Unten.

Noam Chomsky hat gesagt:
Der intelligente Weg, Leute passiv und fügsam zu halten, besteht darin, die Breite der akzeptablen Überzeugungen strikt zu begrenzen, jedoch innerhalb dieser Grenzen eine sehr lebhafte Debatte zu erlauben - gerade zu kritischen und anders denkenden Sichtweisen zu ermuntern. Das gibt den Leuten die Wahrnehmung, dass freies Denken möglich ist, während die ganze Zeit die Vorannahmen des Systems bestärkt werden durch die Grenzen, die der Debatte gesetzt werden. Gefunden in einer Diskussion auf Telepolis, leider ohne Hinweis auf die Herkunft des Zitats.

Feministinnen waren verblüfft, dass ihre Vorkämpferin Alice Schwarzer in der vertikalen Hierarchie der Geldbesitzer plötzlich weit über ihnen schwebte und Schwarzgeldkonten in der Schweiz unterhielt. Dort stapelte sie, ohne Steuern zu zahlen, den Erlös ihrer Gleichberechtigungskampagnen. Auf einmal wurde auch feministischen Fernseherinnen klar: Die durch Alice gleichberechtigten Frauen waren gegenüber Frau Schwarzer auf der Geld-Skala nur kleine Aschenputtel.

Alles, was auf der Erde wächst, wächst von unten. Alles, was fällt, fällt von oben.
 


 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
In Sachsen und auch anderswo heizen sich Demonstranten gegenseitig auf zu Pöblern, Hooligans und Brandstiftern, weil sie glauben, dass ihnen Kriegsflüchtlinge wirtschaftlich etwas wegnehmen könnten, wenn sie sich erst einmal auf gleicher Ebene befinden wie sie, als Sozialempfänger, prekäre Arbeitnehmer oder Kleinkonsumenten.
 
Aber diejenigen, die beide Gruppen unten halten, sie nie und nimmer nach oben kommen lassen und fast unmerklich ausbeuten, die sitzen im Wirtschaftsgefüge ganz, ganz oben, noch über den Banken, da, wo sie die großen Geldströme lenken, bis der Gewinn der Wirtschaft am Ende in ihre Taschen fließt. Den Staat und die Banken benutzen sie für ihre Interessen; denn die großen Vermögen haben keine soziale Bindung; die kleinsten Einkommen aber wohl.

Dagegen hilft Soziale Quellensteuer,
doch das ist ein anderes Kapitel.

Geschickt werden vertikale Differenzen geschaffen und aufrecht erhalten, damit die, die oben sind, auch oben bleiben. Zum Beispiel durch Dienstwagen, Maßanzüge, persönliche Angestellte, komfortable Dienst- und Auslandsreisen. Und dabei ist es meistens Zufall, wer oben ist. Es ist Zufall, ob jemand besonders reiche Eltern hat. Es ist Zufall, ob jemand das richtige Gesicht fürs Fernsehen besitzt oder die Figur eines Mannequins. Es ist Zufall, ob jemand, der in eine Partei eintritt, einen findet, der ihm ein Mandat zuschanzt. Aber es ist kein Zufall, dass die, die einmal hoch gekommen sind, über Jahrzehnte oben bleiben. Das hat strukturelle Gründe.

Wir werden nach Meinung aller Experten und Kenner des politischen Systems durch eine Oligarchie von Parteipolitikern beherrscht, deren Zahl nach unterschiedlichen Schätzungen zwischen 100 und 10.000 liegt. (Je nachdem ob man die wirklich Herschenden nimmt oder die Profiteure mitzählt.) Das ist die politische Klasse des repräsentativen Parteiensystems, es sind Berufspolitiker, deren wichtigstes Talent darin besteht, andere nicht hochkommen zu lassen; es sei denn, sie sind ihnen gefügig.

Weil trotzdem theoretisch Demokratie besteht und weil jeder rein theoretisch die gleichen Rechte und Aufstiegsmöglichkeiten hat, gerade darum scheint es so wichtig für die, die oben sind, zu verhindern, dass andere gleich ziehen oder ein Stüfchen höher kommen. Ein besonderes Augenmerk gilt denen, die begabt sind und ihre Fähigkeiten nicht geschickt verbergen. Die erkennbaren Talente werden früh kalt gestellt oder zu Fall gebracht. Wer harmlos aussieht und noch harmloser redet, hat in Parteien und Bürokratie die besseren Chancen.

In der Wirtschaft sieht es etwas anders aus. Viele Firmen stehen in internationaler Konkurrenz; da weht ein rauer Wind. Wer sich nicht ständig bemüht, gute Leute zu bekommen und in der Hierarchie nach oben durchzulassen, der hat schnell verspielt. So hat die Wirtschaft den Staat längst überholt. Experten und Lobbyisten sagen den Zufallspolitikern, wo es ihrer Meinung nach lang geht.
 
Der Nachteil dieser Ratschläge für das Allgemeinwohl ist: Es geht für die Experten und Berater aus der (Finanz)-Wirtschaft da lang, wo für sie die höchste Rendite oder die nächste Bonus-Zahlung lockt. Sie beraten die durchschnittlich gestrickten Politiker und lenken dabei die Gelder des Staates, also unser aller Geld, geschickt auf ihre Konten.

Der Staat hätte ganz andere Aufgaben als die Wirtschaft anzukurbeln. Es sollten möglichst viele Bürger vom Wohlstand, vom Aufschwung und vom Wachstum etwas ab bekommen und sich im Staate wohl fühlen. Aber das war einmal.

Politiker möchten mit der Wirtschaftselite auf gleicher Höhe erscheinen, sie möchten vergleichbar viel verdienen, mit Milliarden jonglieren und (im übertragenen Sinn) erster Klasse fahren. Viele von ihnen lassen sich korrumpieren durch Parteispenden oder Vortragshonorare.

Dabei bildet sich eine miteinander verwobene und vernetzte Oberliga aus höheren Politikern, Funktionären, Beamten und Managern der Wirtschaft und Finanzwelt, die ähnliche Interessen verfolgen. Es gehören auch einige Journalisten-Chefs zu diesem Kreis. Das Ganze ist eine Art Kaste, die jegliche Dynamik von unten nach oben erstickt. So ist diese Gesellschaft verkrustet und erstarrt.
 
Mehr Egalität kann alles wieder in Bewegung bringen.

Köln, 14.10.2016
Letzte Überarbeitung 18.09.2018          
Rob Kenius
  

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