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Urheberrecht und Tauschbörsen
Eine endgültige Stellungnahme
Das Urheberrecht ist eine Übereinkunft, die es ermöglicht, dass professionelle
Künstler reproduzierbare Kunst herstellen. Gäbe es kein Urheberrecht, würden Bücher,
Fotografien, Schallplatten und Filme nicht professionell, nach dem Stand der Kunst
und der Technik erscheinen.
          Die erste häufig reproduzierte Kunst war Keramik
und wer den Krug mit Ornamenten haben wollte, musste irgendwie auch für die Gestaltung
bezahlen. Mit dem Buchdruck wurden Bücher maschinell
reproduzierbar. Und auf einmal gab es Romane und Romanschriftsteller, die davon
lebten, zu schreiben, weil eine Druckerei oder ein Verlag ihnen garantierte, dass die
Autoren vom Verkauf der Bücher etwas abbekommen.
          Es gab noch kein staatlich garantiertes
Urheberrecht, aber es wurde so praktiziert. Davon hatten alle einen Vorteil: Die
Autoren konnten leben und schreiben, die Verleger wurden möglicherweise reich und
nicht zuletzt bekamen die Leser den Stoff, den sie haben wollten und nicht nur die von
Hand kopierten Bibeltexte.
          Von diesem Punkt an bestand ein Problem, das nicht
endgültig zu lösen ist. Es zahlt der, der das Buch kauft, nicht der, der es liest,
obwohl letztendlich der Leser der Nutznießer ist. Das wird problematisch bei
Leihbüchereien. Hier muss es spezielle Regelungen geben, mit denen hoffentlich alle
Beteiligten zufrieden sind.
          Seit mehr als hundert Jahren gibt es Tonträger
: Walzen, 78er, 45er und 33er Schallplatten und endlich CDs. In dieser Zeit, seit
Tonträger existieren, hatte die populäre Musik einen ungeahnten Aufschwung,
insbesondere in der Phase der 45er und 33er Schallplatte. Die Blüte der Pop-Musik
hätte es ohne Urheberrecht auf die Tonträger nicht gegeben.
          Sollte jemand das bezweifeln, dann schaue er nach
Afrika, wo es fast nur Raubkopien auf Kassetten gibt. Die populäre afrikanische Musik
ist künstlerisch der anglo-amerikanischen gleichwertig, aber nie ist sie zu einer
solchen Blüte gekommen; denn leider, leider sind die Tondokumente dürftig, schon
deshalb, weil es in Kinshasa, Lagos und Bamako kein Equipment und auch keine
Toningenieure gab, das alles gebührend aufzunehmen. Das Einrichten von Tonstudios
war vor 50 Jahren sündhaft teuer. Ohne die Erlöse von Tonträgern unmöglich zu
finanzieren.
          Eine neue Phase in der Entwicklung kam mit den
Heim-Tonbandgeräten. Es wurde möglich, Musik für private Zwecke zu kopieren, auch für
Freunde, aber es war nie erlaubt, was in Afrika geschieht, Raubkopien für die Masse
der Zuhörer herzustellen, ohne dass die Urheber etwas abbekommen. Das alles ist
logisch und dient der Kunst, dient aber auch den legalen Nutzern, weil
sie qualitativ hochstehende Aufnahmen von professionellen Künstlern bekommen und das
immer wieder neu!
          Das digitale Zeitalter brachte uns schließlich die
CD, später die DVD, die sich digital kopieren lassen, fast ohne Qualitätsverlust. Die
Musikbranche war längst zur Industrie geworden und setzte die CD gierig ein, in erster
Linie zum Geld Verdienen, nicht mehr zur Innovation der Musik.
          CDs sollten doppelt soviel kosten wie LPs. Dieser
Preis war nie gerechtfertigt, wurde aber durchgesetzt und wurde in allen reichen
Ländern, insbesondere USA, Japan, Deutschland und UK auch akzeptiert. Die Einnahmen der
Musikindustrie stiegen enorm, weil das gesamte Repertoire der LP-Zeit noch einmal
erscheinen konnte und... gekauft wurde.
          In dieser Situation ist verständlich, dass sich
niemand Gedanken machte, wie es mit den Kopier-Möglichkeiten der CD aussieht. Aber
einmal digitalisiert, ließ sich Musik bald wieder auf CDR brennen und weiterreichen.
Das alles war noch legal und tolerierbar.
          Dann kamen Internet und MP3-Format. Ein Song ließ
sich als E-Mail verschicken, okay. Wie bisher war die Weitergabe an Freunde und
Bekannte legal und es schien noch immer nicht schädlich zu sein für die Seite der
Produzenten und Künstler.
          Ein pfiffiger Programmierer erfand dann die
Tauschbörse. Auf einmal war alles, was das Herz begehrt, zum Download verfügbar und
zwar nicht von professionellen Anbietern, sonder es wurde organisiert von Leuten, die
Musikfans und Computerfreaks in einem waren. Das waren so ähnliche Typen wie früher
die Freunde, denen man eine LP geliehen hatte zum Überspielen auf MC.
          Der Unterschied zwischen Tauschbörse und
Freundschafts-Deal mit einer CD ist nicht von qualitativer, sondern von quantitativer
Art: Es sind auf einmal Millionen Freunde und es sind fast alle verfügbaren Platten,
mehr Auswahl als im größten CD-Laden!
          Hier entsteht das, was ein weiser Philosoph vor
150 Jahren den Übergang der Quantität in die Qualität genannt hat. Irgendwann gilt
das Gesetz der großen Zahl. Während bisher die Reproduzierbarkeit der Musik einen
Fortschritt für Künstler, Produzenten und Publikum bedeutet hatte, ist es auf einmal
anders: Es fließt kein Geld mehr zurück und auch ohne moralische Diskussion lässt sich
nach zehn oder fünfzehn Jahren ein deutlicher Niedergang der Pop-Musik beobachten:
          Alle hören Musik, aber es lohnt sich nicht mehr,
professionell Musik nach dem Stand der Kunst zu machen. Auch die Hoffnung, dass sich
im Internet auf Basis von Daten-Austausch und nicht kommerzieller Produktionsweise
eine neue Musik-Kultur entwickeln würde, hat sich nicht erfüllt.
          Es gibt zwar immer noch Popmusik, mit der gut
verdient wird, aber das ist seichte Unterhaltung für den Geschmack der Konsumenten
(nicht der Musik-Liebhaber), für Leute, die nicht mit einem Computer umgehen können
oder das nicht wollen, denen das Internet ein Rätsel bleibt wie das gelbe Reich in
China.
          Innovation in der Kunst richtet sich immer an ein
innovativ eingestelltes Publikum und populäre Musik ist keine Kunst für Millionäre wie
Pop-Art, sondern für junges, pfiffiges Publikum. Das sind aber genau die Leute, die
auch mit der digitalen Technik spielen und ihren Bedarf an Musik-Konserven im Internet
umsonst bedienen.
          Daher ist seit Jahren fast jegliche Innovation aus
dem Musik-Markt verschwunden. Die speziellen Plattenläden haben dicht gemacht.
Die Labels sind gestorben, die Musiker machen inzwischen was anderes. Ein intelligenter
junger Mensch, der sich kreativ vorkommt, wird nicht zur Gitarre greifen oder ein
Schlagzeug anschaffen, er sitzt wie alle am PC und sucht auf der ganzen Welt herum,
etwas Besseres als die Anonymität zu finden.
Populäre Musik, die als Kunst etwas Neues bringt,
ist tot.
          Das Urheberrecht hat erst toleriert, dass Freunde
mithören und später, dass sie auch gelegentlich aus geliehenen Schallplatten eine MC
zusammenstellen. Wenn aber jeder, der sich mit Computern und dem Internet auskennt,
von völlig unbekannten Leuten auf der ganzen Welt Musik überspielen kann und sich auf
einer Tauschbörse jeden gesuchten Track holt, dann existiert in diesem Bereich kein
Urheberrecht mehr. Das ist einfach eine Tatsache, die nicht hinweg zu diskutieren ist.
          Denn Urheberrecht bedeutet, dass Urheber und
Produzenten der Musik vom Besitzer der Tonkonserve einen angemessenen Obulus bekommen
für ihre Arbeit und ihr finanzielles Engagement. Dieser Inhalt des Urheberrechtes ist
eine kulturelle Errungenschaft, unabhängig von der Formulierung der Gesetze.
          Die große Musikindustrie war so satt und
zufrieden, dass sie viele Jahre lang Tauschbörsen toleriert hat, in dem Glauben, es
sei das, was es vorgab zu sein: Eine Gefälligkeit unter Freunden, die dem großen
Geschäft nicht schadet. Doch die Zahl der Freunde sind hunderte Millionen;
allein in Deutschland sind es so viele, dass sie eine eigene Partei gründen konnten:
Die Piraten.
          Der Name Piraten mag ironisch sein, doch sie
fordern weiterhin die Legalisierung der Tauschbörsen und damit einen eigenen Bereich,
in dem das Urheberrecht aufgehoben ist. Und zwar für alle, die des Downloads mächtig
sind. Auch das ist ironisch gemeint, denn es wird immer einfacher, etwas herunter zu
laden, daran arbeiten ganze Konzerne und sie haben immense Summen mit der Pop-Musik
als Köder verdient.
          Ohne die Weltumspannende Datei der populären Musik
wären MP3-Player kein Milliarden-Geschäft! Und der Anteil an bezahlten Tracks auf
diesen Geräten wird im Schnitt kaum die 5%-Grenze erreichen, ist also praktisch gleich
Null. Hier wurde am Repertoire der Pop-Musik noch einmal, zum dritten mal, großes Geld
verdient, aber nicht von den Musik-Machern, sondern von globalen Elektronik- Konzernen, die
kleine, handliche Digital-Speicher vermarkten.
          Wenn den Piraten vorgeworfen wird, sie wollten das
Urheberrecht abschaffen, bringen sie Blogbeiträge mit seitenlangen Argumentationen
über Sinn und Form des Urheberrechtes. Damit lenken sie die Diskussion vom Kern ihrer
Forderung ab, nämlich der Legalisierung der Tauschbörsen, wodurch das Urheberrecht in
ihrem Bereich ausgeschaltet wird.
          Es wird in diesen Rechtfertigungen zum Beispiel
behauptet, die Piraterie richte sich gegen die Verwerter von Musik, nicht gegen die
Musik-Schaffenden. Diese Argumentation ist unlogisch, weil die Piraterie auf die
Verteilung des Geldes in der Musik-Industrie gar keinen Einfluss hat. Wenn ich
Gebühren entziehe, beeinflusse ich nicht die Verwendung des Geldes, das von den
anderen gezahlt wird.
          Ein zweites Argument ist, dass diejenigen, die am
meisten herunterladen, auch die besten Kunden auf legalen Wegen seien. Die
Tauschbörsen seien die beste Promotion für Musik und Filme. Insbesondere seien die
Piraten eine Geschmacks-Avantgarde und würden das breite Publikum mitziehen, das dann
auch gerne und viel an der Kasse bezahlt, was die Piraten sich umsonst genommen haben.
          Hier wird Statistik falsch interpretiert und unlogisch
hingebogen. Selbst wenn sie die besten Musik-Kunden sind wie Alkoholiker, die ihr
ganzes Geld für Schnaps ausgeben, berechtigt das nicht, nach oder vor dem Kauf in
einen Laden einzubrechen.
          Auch der Werbe-Effekt ist nicht eingetreten, sonst
wären nicht fast alle CD- und Schallplatten-Läden verschwunden, insbesondere die
Spezial-Läden, die sich an eine Geschmacks-Avantgarde richten, welche die Piraten
vielleicht wirklich auch sind. Aber das hilft niemandem, wenn sie nicht bezahlen, dann
ist es kontraproduktiv! So hat die Avantgarde der Informatiker mit ihren Tauschbörsen
denen am meisten geschadet, die ihnen das liefern könnten, was zu ihnen passen würde:
Innovative Pop-Musik einer intelligenten, neuen Generation.
Projektvorstellung: Kontinent Nirwana, ein Roman, in dem das Urheberrecht
eine wesentliche Rolle spielt. Es geht um einen Musik-Club, eine Band, um Liebe und Sex und um einen Song,
der ein großer Hit wird. Dort gibt es auch eine Leseprobe!
 
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