Spielgeld des Zufalls





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Die meisten Kommentare gehen davon aus, dass Bitcoin eine Währung ist. Neuerdings wird so argumentiert, dass es 1500 Kryptowährungen gibt und viele seien besser als Bitcoin. Bitcoin ist nach dieser Logik Geld, das schlechter oder besser ist als andere Kryptos.
 
Das Gewusel an Argumenten und Informationen täuscht über eine fundamentale Tatsache hinweg:
Bitcoins sind Spielgeld. Daran ändert auch nichts, dass Spekulanten damit spielen, genau wie sie mit Geld spielen. Um das zu verstehen, muss man etwas genauer nachdenken...

Bitcoins sind Zufallsgeld. Der Umgang damit ist von Anfang an ein Spiel. Dieses Spiel hat sehr verzwickte Regeln, die einen maximalen Sicherheitsstandard erfüllen. Das Besondere ist: Die Sicherheit beim Besitz und bei Transaktionen von Bitcoins wird durch die Beteiligten Akteure und nicht durch eine Zentrale (Bank), garantiert. Garantiert wird eine hohe mathematische Sicherheit, aber niemand garantiert einen Wert des Bitcoin.

Was hat Bitcoin mit Euro, Dollar, Franken oder Pfund, mit normalem Geld, gemeinsam? Und wo sind die Unterschiede?

Was ist Geld?

Geld besteht aus Zahl und Einheit. Eine Ziffer gibt die Zahl der Einheiten an. Der Wert der Einheit Euro, Dollar, Franken oder Pfund wird vom Staat oder einer Zentralbank garantiert und wird von allen akzeptiert.
 
Geld soll frei beweglich sein, unter der Bedingung der Akzeptanz. Geld wird nur an den weitergereicht, der es akzeptiert. Es lässt sich als Münze, Schein oder Datensatz darstellen und es kann materiell durch Weiterreichen oder informativ durch Überweisung von einem zum anderen übertragen werden.

Normales Geld wird von staatlich autorisierten Stellen ausgegeben oder generiert.

Der Bitcoin dagegen wird nach einem Zufallsprinzip erzeugt und nicht von autorisierten Stellen ausgegeben. Dieses Erschaffen von Bitcoins folgt einer komplizierten Spielregel, welche keinen direkten Bezug zu einer wirtschaftlichen Leistung hat (Handel oder Lohnarbeit oder Grundbesitz).
 
Der Umgang mit Bitcoins im Internet erfüllt die höchsten Standards an Sicherheit. Die Erzeugung von Bitcoins dagegen hat spielerischen Charakter. Es ist die Belohnung für eine Sicherheitskontrolle.
 
Die Leistung, die belohnt wird, besteht darin, dass die beteiligten Rechner von einem bestimmten Moment an alle Transaktionen (weltweit) in einem sogenannten Block und dann in einer Kette (Blockchain) auflisten und sie genau überprüfen und dann nach einem bestimmten kryptografischen Algorithmus (DHA-256) eine Prüfziffer ausrechnen.

Kryptische Details

Die aufwändige Rechenleistung bei der Überprüfung wird (unter besonders erschwerenden Bedingungen) mit neuen Bitcoins belohnt. Diese Belohnung (ursprünglich 50 Bitcoins) erhält, nach einem Zufallsprinzip, aber nur ein einziger der im Netzwerk beteiligter Rechner.
 
Die erschwerende Bedingung ist von der Art, dass die Prüfzahl (eine Folge von 256 Hexa-Dezimal-Ziffern) mit einer oder mehreren Nullen beginnt oder sie soll als Zahl kleiner sein als ein vorgegebener Wert.
 
Um das per Zufall zu erreichen, wird dem geprüften Block, der nach dem Algorithmus eine ganz bestimmte Prüfzahl ergibt, eine beliebig ausgewählte Zusatzzahl hinzugefügt, so dass die Prüfzahl variiert wird. Das Ziel dabei ist, die numerische Bedingung (Nullen am Anfang oder kleiner x) zu erfüllen.

Eine nicht-umkehrbare Funktion:

Der Algorithmus DHA-256 ist so gestaltet, dass man aus einer vorgegebenen Prüfzahl nicht umgekehrt die Zusatzzahl berechnen kann. Es hilft nur trillionenfaches Ausprobieren, wie beim Versuch eine Kryptografie zu entschlüsseln; daher der Name Kryptowährung. Das Erzeugen neuer Bitcoins funktioniert ähnlich wie die Entschlüsselung von Kryptografie.
 
Der prüfende Rechner rechnet am laufenden Band Transaktionen nach, ergänzt sie mit einer Zusatzzahl und wenn rein zufällig eine Prüfzahl mit der geforderten Anzahl von Nullen am Anfang dabei heraus kommt, dann wird dieser Block durch genau diesen Rechner abgeschlossen und der nächste kann beginnen.

The winner is... völlig losgelöst

Der Rechner, der das geschafft hat, bekommt zur Belohnung die als Belohnung angesetzten Bitcoins gutgeschrieben und das Spiel geht von vorne los.
 
Das Generieren neuer Bitcoins steht also in einem direkten Zusammenhang mit Übertragung, Kontrolle und Absicherung der Bitcoins (und auch mit allen bisher erfolgten Transaktionen), aber nicht mit einer externen wirschaftlichen Tätigkeit, Verpflichtung oder Leistung. Das ist ein typisches Merkmal für ein Spiel.

Die Regeln für die Erzeugung der Kryptowährung Bitcoin sind (wie die im Schachspiel) losgelöst von der äußeren Realität.
 
Die Figuren im Schachspiel folgen ausschließlich ihren eigenen Zugzwängen und der daraus resultierenden Taktik. Sie bescheren dann (meistens) einem Spieler den Sieg, der aber außerhalb des Spiels keine Bedeutung hat.

Geld oder doch kein Geld?

Neue Bitcoins werden durch Zufall ins Spiel gebracht, was für eine echte Währung unsinnig ist; reelles Geld wird entweder gleichmäßig oder durch Handel oder nach Leistung verteilt, es wird aber nicht von der Zentralbank verlost.
 
Die Tatsache, dass es für Bitcoins keine Zentralbank gibt, mag ein Systemvorteil sein, es ist aber keine ausreichende Begründung dafür, dass es sinnvoll wäre, frisches Geld durch Zufall in den Verkehr zu bringen. Dass neue Bitcoins durch Zufall erzeugt werden, ist eine Regel, die den Umgang damit als Spiel neben der Realität kennzeichnet.

In der Realität der Finanzwelt erhält niemand frisches Geld ohne die Verpflichtung, es zurück zu zahlen.

Das Überprüfen und erfolgreiche Abschließen eines Blocks ist inzwischen zur Nebensache geworden und hat sich wegen der Belohnung zu einer Art Goldsuche (Mining) entwickelt. Voraussetzung dafür, dass sich das Mining lohnt, ist der extrem hohe Spekulationswert, den Bitcoins inzwischen haben. Das Ziel der Aktion ist nicht mehr das Überprüfen aller Transaktionen, sondern der Gewinn neuer Bitcoins; denn das bringt richtig Geld.

Goldgräber am Werk

Mining wird mit Spezialcomputern betrieben, die als Prozessoren sogenannte ASICs einsetzen, die nichts anderes können, als Bitcoin-Transaktionen nachzurechnen und diese kryptografisch mit einer ganz besonderen Prüfziffer zu signieren.
 
Im Durchschnitt wird unter den bestehenden Bedingungen alle 10 Minuten weltweit ein Block von Transaktionen abgeschlossen. Die Schwierigkeit beim Berechnen der Zufallszahlen wird ständig gesteigert und die Zahl der Bitcoins, die zur Belohnung ausgesetzt sind, wird ab und zu halbiert.
 
Inzwischen ist der Energieaufwand bei dem ständigen Probieren mit Hochleistungsrechnern ein beträchtlicher Kostenfaktor geworden. Weltweit soll beim Mining eine elektrische Leistung im Einsatz sein, die dem gesamten Stromverbrauch des Landes Marokko entspricht.
 
Der ganze Rechenaufwand dient eigentlich nur der Absicherung der Bitcoins und generiert dabei per Zufall neue Bitcoins für beliebige Teilnehmer am Spiel, die sich durch nichts anderes auszeichnen als durch den Besitz ihrer Spezialcomputer. Diese Mitspieler sind gewillt, rund um die Uhr, sehr viel elektrische Leistung zur Betreibung ihrer Rechner einzusetzen.
Sie verschwenden Energie, um digitales Geld zu gewinnen.

Ein absurdes Ergebnis des Minigs ist Stromknappheit in Venezuela:
 
Bitcoin-Miner hatten sich vorzugsweise in Venezuela angesiedelt, weil dort der elektrische Strom vom Staat subventioniert wird. Die öffentliche Stromversorgung in Caracas brach zusammen. In China hat man aus diesem Grund das Mining nach Bitcoins inzwischen verboten.

Finanzielle Gerechtigkeit

Dieser peinliche Nebeneffekt, dass elektrische Energie verschwendet wird, um dem Zufall bei der Verteilung nachzuhelfen und auch die Tatsache, dass dieses System den Besitz und den rücksichtslosen Einsatz von Spezialcomputern belohnt, zeigt deutlich, dass etwas nicht stimmt an der Konstruktion, so genial sie mathematisch auch sein mag.
 
Die vielen interessanten Details und der hohe digitaltechnische Aufwand lenken davon ab, dass die Erzeugung der Bitcoins in der vorgegebenen Weise unsinnig ist. Geldschöpfung auf diese Art ist ungerecht.

Geld hat im Prinzip die Funktion, dass es durch seine Verteilung auf vielfältige Weise Gerechtigkeit herstellen kann: gerechte Preise, Löhne, Steuern, Strafen, Tarife, Mieten...

Es ist kein Wunder, dass in einer Zeit, wo Geld immer mehr ungerecht und extrem verteilt wird, die Idee einer neuen Währung Sympathie findet, welche die Verteilung von Geld anders gestaltet. Der Bitcoin kann diese neue, gerechtere Währung aber nicht sein, weil er schon an der Quelle prinzipiell nicht gerecht sondern zufällig entsteht.

Bitcoins an der Börse

Bitcoins haben zunächst keinen realen Wert; sie sind und bleiben Spielgeld. Das heißt, niemand garantiert allen anderen, dass man für Bitcoins reale Gegenstände beliebiger Art in beliebiger Menge kaufen kann.

Die Umsetzung von Bitcoins in Dollars oder Euros ist willkürlich.

Nachdem der Handel mit dem Zufallsgeld gegen Dollars aber einmal begonnen hat, können Bitcoins seit einigen Jahren als Spekulationsobjekte an der Börse gehandelt werden und sie können je nach Angebot und Nachfrage wie Aktien im Wert steigen oder fallen.
 
Die Börse ist ständig auf der Suche nach neuen Spekulationsobjekten; denn an jeder Börse herrscht Geldüberfluss.
Bitcoins sind als reines Spekulationsobjekt gut geeignet, weil ihre Zahl durch die einschränkenden Spielregeln nicht schnell zunehmen kann; also steigt der spekulative Wert bei jeder Nachfrage und das zieht weitere Spekulanten an. Es entsteht eine sogenannte Spekulationsblase.
 
Der hohe Börsenkurs des Bitcoin ändert aber nichts an der Tatsache, dass niemand verpflichtet ist, Bitcoins als Zahlungsmittel zu akzeptieren. Der Wert von 50 Euro, Dollar, Franken oder Pfund ist für jeden eindeutig; bei Geldscheinen ist er aufs Papier gedruckt. Es gibt zwar auch leicht schwankende Devisenkurse, doch die sind normalerweise nicht das Ergebnis von Spekulationen und, wer den Euro benutzt, braucht sich für seinen Wert in Dollar nicht zu interessieren. Beim Bitcoin ist das anders.

Wer mit Bitcoins bezahlen will, muss sich, wie bei einer sehr stark schwankenden Aktie, über den Tageskurs informieren.

Das zeigt, dass der Wert der Bitcoins ein Spekulationswert ist und kein Geldwert und je höher der Spekulationswert steigt, um so deutlicher wird der Unterschied zwischen Geld und Spielgeld. Oder anders ausgedrückt, der Unterschied zwischen Geld (Euro, Dollar, Franken oder Pfund) und dem Spekulationsobjekt Bitcoin zeigt sich im steigenden Kurs.

Zwei Arten von Spielgeld

Dass Bitcoins so wertvoll geworden sind, beweist nicht, dass es sich um Geld handelt, im Gegenteil, es beweist, dass es sich um ein Spekulationsobjekt handelt. Und es zeigt, dass ein Teil der Finanzwirtschaft (die Spekulanten) sich wie in einem Spielcasino im Speilrausch befindet und auch echtes Geld wie Spielgeld einsetzt.
 
Dieses Spielgeld besteht zwar aus Dollars oder Euros, aber es unterscheidet sich in den Köpfen der Spekulanten kaum noch vom Zufallsgeld Bitcoin. Sie spielen mit zweierlei Spielgeld gleichzeitig und wie alle Spieler überlassen sie sich gerne und bewusst dem Zufall.

Wir Normalbürger außerhalb des Spielcasinos sollten nicht vergessen, dass die Dollars und Euros, die dabei eingesetzt werden, die gleichen sind, für die ein Mensch überall auf der Welt Brot oder Reis kaufen kann.
                             Rob Kenius, 26.12.2017
                    Letzte Überarbeitung 29.12.2017


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Die Krypto-Währung Bitcoin ist ein hochriskantes Spekulationsobjekt geworden; andere Krypto-Währungen sind gefolgt und jetzt hat der Staat Venezuela eine neue Währung Petro kreiert, die ebenfalls als Krypto-Währung bezeichnet wird. Doch der Petro ist etwas völlig anderes; seine wichtigste Funktion ist die einer stabilen Zweitwährung vor dem Hintergrund des außer Kontrolle geratenen Finanzsystems.

Externe Links:
Bitcoin Wikipedia
Gegen den Bitcoin-Hype
Wer ist Satoshi Nakamoto?
Euphorische Beschreibung/heise.de
Prüfziffern nach versch. Algorithmen