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Am Rad des Geldes drehen
Geld ist eine der genialsten Erfindungen des Menschen. Ähnlich wie das Rad ist es
universell verwendbar und niemand weiß, wo es ursprünglich herkommt. Mit dem Rad hat das
Geld außerdem gemeinsam, dass es durch wenige markante Eigenschaften ausgezeichnet ist.
Diese Eigenschaften sind für das Rad folgende:
- Das Rad ist rund,
- es sitzt auf einer Achse und
- es ist beweglich, genauer gesagt,
es kann sich auf der Achse drehen.
Die charakteristischen Eigenschaften des Geldes sind abstrakt und daher etwas schwieriger zu verstehen:
- Geld ist eine Zahl,
- es hat eine Einheit, je nach Währung Taler, Dollar, Euro, Pfund oder Franken
- es ist beweglich, wandert von Hand zu Hand
oder von Konto zu Konto.
- der Wert der Geldeinheit wird akzeptiert von allen, die Geld annehmen und weitergeben
Zur Beweglichkeit des Rades gehört die Achse, die seine Bewegung stabilisiert, zur
Beweglichkeit des Geldes gehört, dass der Wert der Geldeinheit, wenn es weiter gereicht
wird, von beiden Seiten akzeptiert wird und zwar genau in gleicher Höhe.
 
Der eine gibt den
Euro, Dollar oder Taler, der andere nimmt das Geld an, ohne über den Wert zu diskutieren.
Diese Eigenschaft nennen wir Akzeptanz, sie gehört definitiv zur Beweglichkeit des Geldes wie die Achse zum Rad. An einen, der den Wert nicht akzeptiert, wird kein Geld weiter gereicht.
 
Man könnte auch sagen, dass die Akzeptanz zur Einheit des Geldes (Dollar, Euro, Rubel, Franken, Pfund) gehört, weil die Währungseinheit akzeptiert werden muss. Diese Akzeptanz gehört eben zum Geld dazu und das Verständnis ist schwierig, weil Geld durch vier abstrakte Begriffe definiert ist.
Zahl, Einheit, Beweglichkeit und Akzeptanz.
Davon ist Akzeptanz der schwierigste Begriff und wird oft nicht erklärt, sondern als sebstverständlich vorausgesetzt.
Andere Erklärungen, was Geld sein soll oder ist.
1. Geld ist eine Information.
Das ist keine Definition, sondern eine ungenaue Aussage. Richtig ist, Geld übermittelt eine Information, aber die Information betrifft nur zwei Eigenschaften von vieren: Zahl und Währungseinheit.
 
2. Geld ist ein Medium.
Diese Behauptung ist keine Definition, sondern eine falsche Anwendung des Begriffs Medium. Geld überträgt eine Information über zwei Dinge: Zahl und Einheit. Das ist noch kein Medium wie Sprache, die Nachrichten (allgemeiner Art) übermittelt. Geld ist genau so wenig ein Medium, wie zwei Töne auf dem Klavier Musik sind.
 
3. Geld ist ein Fetisch.
Auch das ist nicht falsch, aber keine Definition, sondern ein Urteil über eine entartete Sichtweise. Geld kann zum Fetisch werden, genau wie Unterwäsche, ist aber nicht dazu geschaffen.
 
4. Geld lässt sich nicht definieren.
Gemeint ist, dass es auf die User (Gesellschaft, Kultur) ankommt, was als Geld gilt und wie es genutzt wird. So verstanden, ist das richtig, aber aus den Beobachtungen des Umgangs mit Geld lassen sich einige wenige Eigenschaften abstrahieren, die definitiv vorhanden sind.
 
Das führt zu dem abstrakten Verständnis von Geld, wie anfangs erklärt. Es ist kein Wunder, dass Menschen, die schon an einen abstrakten Gott glauben oder geglaubt haben, das Verständnis für absraktes Geld und die Geldwirtschaft mitbringen, besonders, wenn sie gut rechnen können.
Das Rad und das Geld hatten jeweils eine Vorstufe.
Die Vorstufe des Rades sind ein paar Rollen, die wir unter eine Kiste oder einen
Baumstamm legen, so dass der schwere Gegenstand gerollt werden kann. Hier fehlt noch
die Achse, erst die macht das Rad zu einer genialen Erfindung.
 
Auf dem amerikanischen Kontinent hatte noch niemand das Rad erfunden, ehe Europäer dort auftauchten. Es gab zwar mehrere Hochkulturen, aber nirgendwo gab es Räder und deshalb auch keine Wagen, keine Mühlen und keine Windräder. Das zeigt uns, dass die Erfindung des Rades nicht selbstverständlich ist. Genau so hat es viele Kulturen gegeben, die Geld nicht kannten und sich mit dem Tausch von Waren begnügten.
 
Das abstrakte Geld mit seinen Eigenschaften Zahl, Einheit, Beweglichkeit und Akzeptanz hatte ebenfalls Vorstufen: Goldstücke oder Perlen als Zahlungseinheit, aber auch symbolische Werte,
die als Zahlungsmittel akzeptiert wurden, Muscheln oder Keramik. In diesen Vorstufen des
Geldes ist die Zahl immer eine Eins und der Wert wird durch die tatsächliche Anzahl bestimmt.
 
Eine andere Vorstufe des Geldes funktioniert so, dass eine Ware wie Reis, Weizen, Silber, Gold als Wertmaßstab gilt und ihre Menge, bestimmt durch Gewicht oder Volumen, gibt den Wert an. Dann sind alle Kriterien für Geld erfüllt. Abstraktes Geld aber, repräsentiert durch Münzen und Geldscheine, ist leichter zu handhaben, es ist beweglicher und einfach zu zählen. Man baucht keine Waage oder einen Maßbecher.
 
Bei solchem Geld gehören Zahl und Zahlungsmittel unmittelbar zusammen.
Zum Beispiel eine Münze, auf der die Zahl 5 oder 10 eingeprägt ist. Wenn
Münzen oder Scheine alle Eigenschaften, einschließlich der Akzeptanz, besitzen,
erfüllen sie die Funktion des Geldes.
Was du mit Geld alles machen kannst
Hier taucht ein neuer Begriff auf:
Die Funktion. Das Geld hat eine bestimmte Funktion, das bedeutet, es wird in einem
genau definierten Zusammenhang benutzt und erfüllt einen bestimmten Zweck. Und, um es
gleich zu sagen, Geld hat nicht nur eine Funktion, sondern mehrere.
 
Geld hat zunächst die Funktion als Zahlungsmittel. Ich gehe auf den Markt und kaufe für Geld
einen Hut oder einen Ring. Geld und Hut oder Ring wechseln den Besitzer. Dies ist so ähnlich wie ein
Tausch, aber mit einem Unterschied:
Wer einen Hut eintauscht und nachher eine Vase haben möchte, bekommt Schwierigkeiten,
wenn die Besitzerin der Vase diesen Hut nicht haben will.
 
Mit Geld funktioniert das besser, weil alle es akzeptieren und ein Kauf kommt
zustande, wo der Tausch nicht zustande
kommt. Daraus resultiert die Überlegenheit der Geldwirtschaft gegenüber einer Tauschwirtschaft.
 
Dabei könnte der Eindruck entstehen, dass Geld mehr wert ist als alles andere, weil auf
dem Markt alles gegen Geld eingetauscht wird. Dieser Eindruck ist falsch.
Beim Kauf eines Ringes hält der Verkäufer das Geld für wertvoller, für den Käufer ist
es aber umgekehrt, er findet den Ring besser. Geld ist nicht deshalb wertvoller, weil es
von allen akzeptiert wird, es hat nur diese Funktion und repräsentiert damit einen
durchschnittlichen Wert aus allen Waren, die auf dem Markt gehandelt werden.
 
Viele Dinge sind eindeutig mehr wert als Geld: Die Luft zum Atmen, das Wasser als Quell des Lebens und
die meisten Nahrungsmittel. Es gibt auch Dinge im Leben, die für Geld überhaupt nicht zu
haben sind, an erster Stelle das Leben selbst. Die Funktion des Geldes als Zahlungsmittel
oder universelles Tauschmittel hat seine Grenzen und ist kein Zeichen für einen höheren Wert.
 
Die zweite Funktion des Geldes ist das Bilden von Wert-Reserven. Das geschieht, indem ich Geld nicht weiter reiche, sondern einspare und bereit halte. Diese Funktion hat zur Voraussetzung, dass der Wert einer Geldeinheit wie Dollar oder Euro über die Zeit konstant bleibt. Was heute ein Taler ist, soll morgen auch ein Taler sein und der Hut, den ich heute für drei Taler bekomme, soll morgen auch drei Taler kosten.
 
Das ist ein zusätzliches Postulat, ein Postulat im Interesse der Geldbesitzer und es
ist nie zu 100% erfüllt. Der Wert des Geldes kann fallen oder auch steigen. Meistens fällt er (gewöhnlich langsam); man nennt diesen Vorgang Inflation.
 
Die Funktion des Geldes als Zahlungsmittel ist untrennbar mit den Grundeigenschaften
verbunden, insbesondere der Beweglichkeit und Akzeptanz. Wenn es sich nicht bewegt, ist es kein Geld, sondern ein Schatz. Genau so ist ein Rad, das sich nicht dreht, kein Rad, sondern ein Knopf oder eine runde Scheibe, ein rundes Bau-Element. Wegen dieser Ähnlichkeiten sagen
viele: Geld muss sich drehen. Der Rubel muss rollen.
 
Alle anderen Eigenschaften des Geldes sind nicht zwingend, sie sind durch Regeln,
Konventionen und Gesetze veränderbar. Auch die Eigenschaft der Wertstabilität ist nicht unbedingt erforderlich. Inflationsgeld ist zwar nicht stabil, ist damit als
Geldanlage ungeeignet, aber es ist echtes Geld. Es hat eine Zahl, eine Einheit und es
wandert, wenn sein Wert akzeptiert wird, von einem zum anderen.
Die wunderbare Geldvermehrung
Hohe Geldstabilität ist also kein Vorteil für alle, nicht einmal für die Wirtschaft,
insbesondere nicht für Volkswirtschaften. Staaten und Regierungen arbeiten gerne mit einer
gewissen Inflationsrate, die einen mehr, die anderen weniger. Wird ihnen die Inflation
unmöglich gemacht durch den Beitritt zur Euro-Zone, dann geraten sie in Schwierigkeiten.
 
Geldstabilität liegt im Interesse der Geldverleiher, weil sie den gleichen Wert zurück haben wollen, den sie ausgeliehen hatten. Und sie hätten gerne noch etwas mehr.
Sie verlangen Zinsen.
Ja, irgendwann kam jemand auf die Idee, Geld auszuleihen und dafür Zinsen zu verlangen.
Geldverleih gegen Zinsen ist nicht selbstverständlich und bedarf zahlreicher Voraussetzungen:
 
-
Ein Partner A hat mehr Geld zur Verfügung, als er benötigt.
-
Ein anderer Partner B braucht Geld, um ein bestimmtes Vorhaben durchzuführen. Er will vielleicht ein Haus bauen.
-
Der Wert des Geldes ist einigermaßen stabil.
-
Der Partner B hat Aussichten, in Zukunft mehr Geld zu bekommen, um den Kredit zurück zu
zahlen.
-
Der Partner A verlangt Zinsen,
das heißt, dass er mehr Geld zurück haben will, als er eingesetzt hat.
Keiner dieser Punkte muss zwingend so sein, insbesondere nicht die Zins-Forderung, im Gegenteil, das Verlangen, einen Zins zu bekommen, wirft automatisch ein Problem auf:
 
Woher soll das zusätzliche Geld kommen? Wenn es im System der beiden Partner 1000
Taler gibt, von denen A 900 hat und B 100 und wenn A dem B 100 Taler leiht, aber 105
zurück haben will, dann fragen wir ganz naiv:
Woher sollen die 5 Taler kommen, wenn es
nur 1000 Taler gibt?
 
Schon diese einfache Überlegung zeigt, dass die Forderung von Zinsen bedeutet, dass
die Geldmenge im System steigen muss, sonst wäre die Forderung nicht erfüllbar.
 
Das Ergebnis dieser einfachen Logik ist überwältigend:
Das Geld-Mobil hat keinen Rückwärtsgang
Seit der ersten Gründung einer Bank in Italien haben wir mehr als 500 Jahre
Finanzwirtschaft, in denen die Erhebung von Zinsen zur Geschäftsgrundlage gemacht wurde. Das Geld musste also immer mehr werden. Und inzwischen ist die globale Geldmenge so angewachsen, dass allein die schiere Menge des vorhandenen Geldes
zu einem Problem geworden ist, das niemand mehr im Griff hat.
 
Auch die Geldbesitzer, Geld-Ansammler, Geldanleger und Geldakrobaten, die
Spekulanten, Jongleure und Hedgefond-Manager haben das Problem der Geldmenge nicht im Griff. Sie können damit umgehen, mit größerem Geschick als die meisten anderen und sie können davon profitieren. Beseitigen können sie den Geldüberfluss aber nicht. Niemand wirft Geld auf den Müll, obwohl das absolut nötig wäre. Aber keiner tut das freiwillig. Je mehr Anteil einer am Geldüberfluss hat, desto weniger ist er daran interessiert, dass dieser Überfluss reduziert wird. Alle drehen am Rad des Geldes in die gleiche
Richtung.
 
Die Aktien-Blasen sind eine direkte Folge dieses
Geldüberflusses. Erst setzen instinktsichere oder hochintelligente
Börsen-Spekulanten auf
bestimmte Werte. Die Werte steigen durch die Käufe ein wenig. Dann folgen
die Experten und Fonds-Manager, die jeden Trend früh zu erkennen glauben. Die Werte
steigen schneller. Am Ende folgen alle, die nur auf sichere Kursbeobachtung setzen oder
automatisch den Trends folgen. Das können auch Computerprogramme sein, welche die
Börsenstatistik auswerten.
 
Weil zu viel Geld da ist, wird an der Börse zu viel und zu teuer eingekauft. So
entstehen die Blasen. Die Aktien oder sonstigen Papiere sind überbewertet. Die Blase platzt,
wenn die ersten Spekulanten ihre Käufe wieder abstoßen und den enormen Gewinn noch im Boom
der Trittbrettfahrer mitnehmen. Beim Platzen der Blase wird ein Teil des überschüssigen
Kapitals vernichtet. Das ist gut und dringend notwendig, aber unkotrolliert und manchmal
ist es katastrophal.
Öl und Geld aus zweifelhaften Quellen
Unser Verständnis, wie Geld funktioniert, wurde durch den Vergleich mit dem Rad etwas
klarer. Das Rad ist leichter zu verstehen, weil es nicht ein Konstrukt aus
abstrakten Eigenschaften (Zahl, Einheit, Beweglichkeit und Akzeptanz) ist, sondern
eine Sache, deren Teile unmittelbar zu durchschauen sind. Und der Vergleich geht noch
weiter:
 
Ein Rad funktioniert auch ohne Schmierstoff, aber wenn wir ein wenig Öl an die Achse tun, läuft es besser. Es wird etwas von außen in dieses System Rad und Achse hinzu getan. Woher wir das Öl bekommen, ist gleich ein weiteres Problem.
 
Was beim beim Rad das Öl ist, ist beim Geld der Zins.
Wir müssen auch
den Wert, den die Zinsen ausmachen, irgendwo her bekommen.
 
Aus dieser Problemstellung folgt schon wieder: Wenn wir Zinsen oder eine sogenannte Rendite verlangen, dann müssen wir wie beim Öl für das Rad etwas Wertvolles aus anderer Quelle hinzu fügen. Nur dann haben wir genug, um die Zinsen zu bezahlen.
 
Wir brauchen Öl für das System. Dieses zusätzliche Material müssen wir uns
beschaffen. Firmen nehmen
Kredite auf und müssen sie zurückzahlen plus Zinsen und darüber hinaus wollen
sie noch eine Rendite erwirtschaften. Dazu müssen sie
die Natur oder den Planeten oder sich selbst und andere Menschen (Arbeitskräfte) ausnutzen oder ausbeuten (je nach Standpunkt), um die
Zins- und Rendite-Forderung im Geldsystem zu erfüllen.
Die am Zins und an der Rendite des Geldes orientierte Finanzwirtschaft hat
unvermeidliche (unverzichtbare) Folgen:  
- Die ständige Vermehrung der Geldmenge,
- Ausbeutung aller Bodenschätze,
- Ausbeutung der Umwelt,
- Ausbeutung der Arbeitskräfte.
Das geht natürlich nur so lange gut, bis irgendwann die materiellen und menschlichen Ressourcen erschöpft sind. Geld alleine bewirkt nichts.
Die Forderungen, die dem System zugrunde liegen, gelten als ökonomische Gesetze.
Es sind aber Konventionen, die sich Menschen selber geschaffen
haben und auch verändern können, keine Naturgesetze. Sowohl für unser Zusammenleben, als auch für die Geld- und die Marktwirtschaft
brauchen wir nur die Grundeigenschaften des Geldes: Zahl, Einheit,
Beweglichkeit und Akzeptanz.
Was nicht gebraucht wird, sind die zusätzlichen Postulate des Kapitals und deren
unausweichliche Konsequenzen:
- Ein positiver Zins, verbunden mit
langfristiger Geldvermehrung,
-
Stabilität der Währungseinheit für die Akkumulation von Geld,
-
eine hohe Rendite für den Geldeinsatz und
-
die grenzenlose Ausbeutung von Ressourcen.
All das ist unnötig und hat in erster Linie Vorteile für die beteiligten Geldansammler,
Groß-Geldbesitzer, Geld-Verleiher und Empfänger von Provisionen oder Bonus-Zahlungen.
Es gibt auch Äußerlichkeiten, auf die wir verzichten können und die teilweise schon abgeschafft worden sind: Gold- und Silbermünzen sind überflüssig. Auch Geldscheine lassen sich durch Kreditkarten und Geldkarten ersetzen. Geldtransporte werden entbehrlich durch rein informelle Überweisungen und elektronische Transaktionen.
 
Es ist an der Zeit, auch einige abstrakte Eigenschaften, die als unverzichtbar gelten, in Frage zu stellen, sie zu variieren und durch andere Bestimmungen zu ersetzen.
 
Der entscheidende Fehler im System ist das Postulat, dass Geld sich automatisch durch Zinsen und Rendite vermehren muss. Das geht nicht immer so weiter, weil es schon viel zu viel Geld auf der Welt gibt und die Menge dieses Geldes ungelöste Probleme aufwirft.
 
Ebenso falsch ist die aus der Forderung nach Zinsen und Rendite resultierende Forderung,
dass die Wirtschaft ständig wachsen muss. Wirtschaftliches Wachstum ist nur vertretbar, wenn die damit verbundene Ausbeutung von Ressourcen und Menschen vertretbar ist.  
Das Wachstum
wird angekurbelt vom Geldüberfluss, verbunden mit der Forderung nach
Rendite. Das ist an sich schon ein Widerspruch. Was im Überfluss vorhanden ist, kann nicht so wertvoll sein, dass sein Besitz von sich aus einen Gewinn abwirft.
Der Vorgang, der das Wachstum bewirken soll,
wird Investition genannt und der Begriff Investition wird von fast allen Beteiligten
als Positivum gesehen. Dabei sind Investitionen eine Zwangsläufigkeit wie die Abwärme bei der
Energie-Gewinnung oder Abfallbeseitigung in der Konsumgesellschaft.
 
Das Geld akkumuliert und wenn es nicht verbrannt wird, wird es investiert mit der Forderung nach Rendite, aber dieser Vorgang stößt an seine Grenzen in der Realität.
 
Die Entwicklung der Digitaltechnik hat zum Glück ein Wirtschafts-Wachstum
ermöglicht, bei dem weniger Rohstoffe verbraucht werden als beim Automobilbau oder
bei anderen konventionellen Techniken, weil die Produkte der Digitaltechnik weniger
Material erfordern.
Das Verhältnis von Hardware zu Software ist auf die Seite der Software
verlagert und Software ist kein Material, sondern eine Leistung des Menschen, die der Natur
wenig oder nichts abverlangt.
 
Mit einem etwas höheren Aufwand an Software und damit an Nachdenken, geistiger Konzentration
und Kreativität lassen sich die Probleme des veralteten Geld- und Wirtschaftssystems
lösen. Mit Sicherheit werden die Lösungen komplizierter sein als die jetzigen Postulate,
die einer rationalen Überprüfung nicht standhalten: Positive Zinsen, unverzichtbare
Rendite, permanente Vermehrung der Geldmenge für Geld-Investitionen beliebiger Art.
Alles und noch etwas mehr
Der Sinn des Geld-Systems ist reine Funktionalität. Geld ist wie das Rad ein
zweckdienliches und universell einsetzbares Element für Transport oder Transaktionen,
in einem System
wie Pferdekutsche, Schweizer Uhren oder Formel-Eins-Rennen. Dabei hat Geld vier abstrakte Grund-Eigenschaften, die absolut erforderlich sind, alle anderen sind im Laufe der Zeit als Postulate hinzu gekommen und können wieder abgeschafft
werden.
 
Konventionen sind sinnvoll, so lange sie sinnvolle Ergebnissen bringen. Zusätzliche
Postulate können auch zur Destruktion führen:
unverantwortliche Ausbeutung der Bodenschätze, der Pflanzen- und Tierwelt und
nicht zuletzt anderer Menschen und anderer Kulturen.
Dabei stößt jede Ausbeutung irgendwann an ihre Grenzen.
Wer diese Grenzen ignoriert, ist ganz einfach ein Ignorant oder eine Ignorantin, egal wie
reich oder erfolgreich er oder sie auch ist.
 
Eine aktuelle Weiterentwicklung der Bedeutung des Geldes geht über Wirtschaft und
Finanz-Industrie noch hinaus, Geld ist zu einem universellen Bewertungsmaßstab
geworden. Man
könnte dies eine weitere Funktion des Geldes neben der Funktion als Tauschobjekt
und als Wert-Reserve nennen, wenn diese Entwicklung nicht besonders fragwürdig, ja
irrational wäre. Es ist keine Funktion, sondern ein Glaubens-Satz.
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Von der Geld-Wirtschaft zur Religion
Geld ist zum Wertmaßstab geworden, auch da, wo nichts gehandelt wird, vor Gericht, in der Politik, bei der Bewertung
von Berufen, Risiken, Sicherheiten, selbst im persönlichen Bereich bei der Beurteilung
von Personen, bei der Beurteilung von Geschäfts- und Lebenspartnern.
 
Weil Geld eine einfache Zahl ist, ist es eindimensional und liefert als Wertmaßstab eine Skala, eine eindimensionale Sicht. Die Welt und auch die Wirtschaft
sind aber nicht eindimensional. Nach allgemeinem Verständnis ist die Wirklichkeit
wenigstens dreidimensional. Was eine vierte Dimension bedeutet, verstehen nicht viele Menschen und müssen es auch nicht verstehen.
 
Eindimensionales Denken kann die Welt bei Weitem nicht erfassen. Schon der Schreibtisch
der Bürokraten und der Bildschirm haben zwei Dimensionen. Geld aber hat
nur eine einzige Dimension wie eine gerade Linie: Soviel im Plus oder soviel im Minus.
Die Welt durch die Geldbrille zu
sehen, führt zu einem stark verengten Weltbild.
Du könntest an dieser Stelle zur Auflockerung in der trostlosen, eindimensionalen Welt des Geldes etwas Stimmungsvolles lesen: Impressionen aus dem Zentrum der Geldwirtschaft in London:
Ein Heer von grauen Männern... In der Finanzwelt herrschen nicht viele alte weiße Männer, sondern viel mehr graue Männer und auch Frauen im bürofähigen Alter. Die jungen sind die aggressivsten. Beispiel Wirecard.
Geld als Wertmaßstab für alles, ist eine Überschätzung des
Geldbegriffs.
- Hier beginnt die Geld-Religion.
-
Geld ist gleich Gnade, Glück und Verheißung.
-
Geld entzieht sich der rationalen Kontrolle.
-
Von Menschen geschaffene und veränderbare Konventionen werden zu heiligen
Gesetzen.
- Inzwischen gibt es wie bei Religionen auch das Versprechen
der Unsterblichkeit. Eine Firma in Kalifornien hat das Angebot gemacht, den Leichnam von Geldgebern
einzufrieren, bis die medizinische Technik so weit ist,
die Person wieder zum Leben zu erwecken.
Konventionen der Geldwirtschaft sind zu Dogmen geworden:
 
- Rendite muss sein.
-
Wachstum muss sein.
-
Provisionen müssen sein.
-
Steuern müssen nicht sein.
Die Gegenthese: Steuern sind ein zentrales Element der staatlichen Organisation. Das wird hier an Beispielen erklärt.
Der ursprüngliche Auftrag des Geldes, dass es überall fließt, wo es gebraucht wird,
wird dabei sträflich vernachlässigt. Diesen Satz möchte ich noch einmal wiederholen:
Der ursprüngliche Auftrag des Geldes, dass es überall fließt, wo es gebraucht wird, wird durch die ungebremsten Machenschaften der Finanzwelt sträflich vernachlässigt.
Das Geld fließt nicht mehr, sondern es sammelt sich an unsichtbaren
Stellen, tief unter der Oberfläche, in Steuer-Oasen. Aber das Bewusstsein der großen zehn- und zwölfstelligen Zahlen als Macht und Bedrohung ist überall vorhanden, die Macht der Billionen wird ins Übernatürliche gesteigert und angebetet.
Der Wert des Geldes hat sich von seinem Nutzen gelöst.
 
Die Bewertung von Menschen geschieht nach dem Geldbesitz und nicht danach,
was einer mit seinem Geld macht. Es gibt eine Hitparade der Milliardäre. Und fast jeder Milliardär ist ein schwarzes Loch, das Geld an sich zieht, es aus dem Verkehr zieht, den Staaten und deren Finanzämtern ent-zieht.
 
Steuern werden mit allen Tricks vermieden. Wenn es nach der Geldreligion geht, hat jeder die ewige Seligkeit erreicht,
der einen neun- oder zehnstelligen Geldbetrag vorweisen kann. In saeculum saeculorum.
Der Vatikan gehört auch dazu.
 
Schließlich, wenn das alles geschafft ist, kommt die Altersmilde. Ein paar Wohltätigkeiten sind angesagt, da, wo es am meisten ins Auge fällt, in Afrika, umringt von bettelnden Kindern.
 
Die Funktion des Geldes als höchster Wert, der über Moral und Rationalität
steht, sollten wir sofort abschaffen. Das ist zum Glück ganz leicht und für
jeden von uns durchführbar, weil es in den Köpfen passiert. Ohne Macht-Position und
ohne ein besonderes Bank-Guthaben, es geschieht durch
die eigene Einsicht. Einsicht = Intelligenz.
Geld wird zu Spielgeld
Der Überbewertung und Vergötterung des Geldes als einem Fetisch steht eine andere Entwicklung gegenüber. Diese Entwicklung wurde dadurch verursacht, dass die Beweglichkeit des Geldes bis zur Lichtgeschwindigkeit gesteigert und gleichzeitig die Geldmenge vervielfacht wurde.
 
Geld wird in Bruchteilen von Sekunden global verschoben und disponiert und ist gleichzeitig in Mengen verfügbar, die sich der Vorstellungskraft der Menschen entziehen. Was eine Milliarde ist, kann niemand zählen, man kann sie nur durch Multiplikation berechnen. Eine Billion sind dann tausend Milliarden oder eine Million Millionen. Die Zahl ist leicht zu schreiben: 1.000.000.000.000.
 
Zahlen sind mit Digitaltechnik leicht zu handhaben, doch die Vorstellung von einem materiellen Wert, der dahinter steht, geht schnell verloren. Die Zahl hat sich vom Wert gelöst, weil beides zusammen nicht vorstellbar ist. Man kann sich keine Milliarde bildlich vorstellen, weder Autos, noch Menschen, noch Euro-Münzen.
 
Geld wird auf der höchsten Ebene nur noch zum Geldverdienen eingesetzt, nicht, um etwas in der Realität zu bewirken. Spekulanten zocken an der Börse mit Aktienkursen, Obligationen und Verpflichtungen auf zukünftige Transaktionen, sogenannten Derivaten (das sind Zukunftswetten). All das funktioniert am besten mit großen Geldmengen und in hoher Geschwindigkeit.
 
Geld wird zu Spielgeld. Aber das Verrückte ist, dieses Spielgeld ist völlig identisch mit unserem Geld auf dem Markt der Realität, wofür man sich Autos, Häuser, Brot und Spiele kaufen kann und mit dem man auch menschliche Arbeit gut und besser bezahlen könnte.
März 2015
Letzte Bearbeitung 31.10.2021
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die Finanzmacht der USA in den kritlit-Büchern
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