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Im 20. Jahrhundert hat Deutschland in 50 Jahren zwei totalitäre Staaten erlebt. In beiden Fällen mit relativ großer Zustimmung der Bevölkerung. Wie groß die Zustimmung genau war, lässt sich nicht bestimmen, weil totalitäre Systeme solche Zahlen fälschen.
In beiden Diktaturen hat sich gezeigt, die Deutschen sind traditionell obrigkeitsgläubig. Das geht schon auf Martin Luther zurück und es ist bei Katholiken nicht besser, weil Katholiken an zwei Obrigkeiten glauben, an Staat und Kirche. Die Macht der Religion und der Kirchen ist hierzulande, anders als in Frankreich, nie gebrochen worden, auch eine echte, erfolgreiche Revolution hat es in Deutschland nie gegeben.
Das ist die Disposition der Bevölkerung, regional zwar unterschiedlich, besonders in Bayern, aber in der Gesamtstatistik zuverlässig. Eine Mehrheit der Deutschen folgt der Obrigkeit, egal wohin.
In anderen Demokratien ist das anders. Das ist deutlich erkennbar in den USA. Das entscheidende demokratische Element sind die Präsidentschaftswahlen und dort tendieren die Wahlergebnisse fast immer zu einem Gleichgewicht von 50% auf beiden Seiten, was den Wechsel begünstigt. Ein kleines Übergewicht entscheidet, manchmal sogar die ungleiche Gewichtung der Stimmen im Wahlverfahren. Eine wesentliche Komponente für den ständigen Wechsel der Regierungsparteien in den USA ist die Regel, dass die Amtszeit der Präsidenten auf zwei Perioden beschränkt bleibt.
Der erste Regierungswechsel in Westdeutschland ließ dagegen 20 Jahre auf sich warten. Er geschah 1969, aber auch das nicht durch eine Abwahl der CDU, sondern durch ein Umschwenken der FDP. Der Wechsel wurde von vielen Journalisten in Printmedien und Rundfunk, von Künstlern und Intellektuellen und nicht zuletzt von der 68er Studentenbewegung eingeleitet und erwies sich als sehr fruchtbare Veränderung.
Helmut Kohl schaffte es, 16 Jahre zu regieren und jetzt ist Angela Merkel seit 15 Jahren im Amt und etwas unterscheidet sie von allen anderen. Es ist nicht nur das biologische Geschlecht. Angela Merkel hat Beliebtheitswerte bei Umfragen, die noch kein Bundeskanzler zuvor je gehabt hat, und zwar fast ununterbrochen.
65 Bonuspunkte für Angela Merkel
Weder Konrad Adenauer, noch Willy Brandt, noch Helmut Schmidt haben die Zustimmung von 65% der Bevölkerung gehabt. Das ist mit der Amtsführung von Frau Merkel nicht zu erklären, denn ihre politischen Leistungen und Erfolge halten sich in Grenzen. Ihr größter Erfolg besteht darin, dass sie fast nichts angepackt hat, wobei man einen Misserfolg hätte erringen können. Ihr Erfolg ist also ein rein persönlicher Erfolg, es ist die Beliebtheit.
Dieser Erfolg liegt an der Person von Angela Merkel und ich muss zugeben, dass ich bei ihrer ersten gewonnenen Wahl 2005 für sie gestimmt habe. Ich hatte mir drei Gründe zurecht gelegt:
Weil sie eine Frau ist,
eine aus dem Osten und
weil sie Physik studiert hat.
Deshalb habe ich zum einzigen mal in meinem Leben CDU gewählt (mit der Zweitstimme), ich wollte, dass sie an Stelle von Gerhard Schröder unser Land regiert. Leider konnte sie, genau wie Helmut Kohl und wie die CDU es will und weil die Verfassung es erlaubt, mit dem Regieren nicht aufhören.
Das ganz Besondere ist aber die Zustimmung der Bevölkerung, auch, wenn die Kanzlerin falsche Politik macht oder gar keine Politik, sondern nur fromme Reden hält, oder wenn sie ihre eigene Richtung, wie zum Beispiel beim Klimaschutz, lächelnd wieder vergisst. Dass die CDU als Partei seit vielen Jahren ihre eigentliche Klientel, den Mittelstand, verrät, ist nichts Neues, genau wie die SPD ihre Klientel verraten hat.
Heute, gegen Ende des Jahres 2020 ist der Gipfel an Zustimmung immer noch nicht erreicht. Die Conona-Politik der Regierung Merkel IV hat 80% Zustimmung in der Bevölkerung. Tendenz steigend, 85% sind in Sicht. Wie kann das sein? Es geht über den Merkel-Bonus von schätzungsweise 65% noch weit hinaus.
Warum schweigen die Lämmer?
80% Zustimmung zur Regierung bei so fragwürdigen und widersprüchlichen Entscheidungen sind eine ernste Gefahr, nicht nur für die Demokratie an sich, sondern für alles, was Freiheit, Sicherheit und richtige Entscheidungen für die Zukunft anbelangt. Solch blinde Zustimmung öffnet den Regierenden die Möglichkeit beliebiger Willkür.
Das Volk rennt wie eine Schafherde blind hinterher. Zur Disposition der Deutschen als gefügige Untertanen ist jetzt noch ein in der Bundesrepublik West ganz neuer Faktor hinzu gekommen: Die Konformität der großen Medien mit der Regierung. Dies betrifft nicht nur die Corona-Maßnahmen, sondern auch unsere Amerikahörigkeit, die NATO-Erweiterungen, Russlandphobie, inklusive Putin-Bashing, und nicht zuletzt die Bereitschaft für Waffenexporte und weitere Aufrüstung.
Diese Konformität mit der Regierung gilt an erster Stelle für ARD und ZDF, aber auch für den SPIEGEL und die großen Tageszeitungen, einschließlich der TAZ. Es gibt wenig substantielle Kritik, es gibt keine echte Opposition, es gibt kaum Debatten und ohne Debatten und ohne Kritik entstehen keine Gegenvorschläge nicht einmal Vorschläge zur Verbesserung.
Das ist der große Nachteil einer Öffentlichkeit ohne Gegenpositionen. Alternativen kommen nicht ins Blickfeld und so kann eine Partei entstehen und ganz bequem wachsen, die das Wort Alternative im Namen führt, aber kein Programm für die Zukunft entwickelt.
Freie Meinung und kontroverse Debatten produzieren neue Gedanken und Wege. Das ist der Grund, warum Demokratie, falls vorhanden, die beste Staatsform ist. Aber
Gegenpositionen gegen Entscheidungen der Regierung haben in den Medien nicht einmal das Volumen von 20%. Das wäre der mathematische Rest von 80% Zustimmung.
Die Öffentlich-Rechtlichen bekämpfen die Opposition durch Ignorieren, Verunglimpfung und sogar durch Falschmeldungen. Das wurde im Sommer bei den Demonstrationen besonders deutlich. Die Zahl der Teilnehmerinnen wurde dezimiert und die Clique der Reichsbürger als wichtigste Gruppe hochstilisiert. Es war so, als wenn in den Redaktionen überwiegend Sympathisanten dieser Verfassungsfeinde säßen und deren Rolle bei den Demos hochspielen wollten. Diese Taktik hat sich bis heute nicht geändert. Sie zeigt Wirkung. Die Lämmer schweigen weiter.
DDR 2.0
Im freien Disput spalten sich die Meinungen um die Mitte herum auf, ungefähr zwischen 45% und 55%. Nur durch konforme Massenmedien ist eine Zustimmung von 80% der Bevölkerung möglich. Man erkennt es in allen Diktaturen, in denen die Medien gleichgeschaltet sind.
Die neue Konformität der Medien erinnert uns deutlich an die DDR, die aber das Problem hatte, dass sehr viele Volksgenossen das westdeutsche Fernsehen einschalten konnten. So ein Gegengewicht existiert zur Zeit in Deutschland nicht. Die Medienopposition ist auf das Internet beschränkt und kann mit dem Milliardenaufwand der Öffentlich-Rechtlichen nicht im entferntesten mithalten. Das ist der Grund für deren Arroganz und für die Forderung nach noch mehr Geld.
Auch die Undurchsichtigkeit von Entscheidungen der Regierung erinnert uns stark an die DDR und zwar an das Zentralkomitee. In der Corona-Krise ist es die sogenannte Kanzlerrunde. Diese ist kein Element der demokratischen Verfassung. Unklar ist bei solchen Entscheidungsgremien immer, wer, welche Person oder Mehrheit, diese und jene Entscheidung herbeigeführt hat.
Die Entscheidungen werden dann im Fernsehen verkündet, mitunter auch gleich konkrete Verhaltensregeln, die jeder einhalten soll. Das ist dann geltendes Recht, obwohl eine Fernsehnachricht keine rechtsgültige Verkündung eines Gesetzes sein dürfte. Oder doch? Vielleicht habe ich da etwas verpasst.
Vereinfacht kann man sagen, in der Regierungszeit von Angela Merkel sind die Öffentlich-Rechtlichen Anstalten zum Staatsfunk geworden. Unterschwellig hat man das Gefühl, dass Queen Angela hinter allem steckt, und das bedeutet, bei ihrer Beliebtheit, emotionale Zustimmung der Mehrheit. Da gibt es kein Entrinnen.
Für die Konformität der Staatsmedien gibt es auch einen materiellen Grund. So gut wie heute ging es den Anstalten noch nie. Wer dort arbeitet, ist bis zu seinem Lebensende komfortabel abgesichert. Intendanten verdienen mehr als Minister, die Gebühren fließen sicherer als Steuern.
Die Bezeichnung Staatsfunk ist fast noch zu harmlos; denn die Anstalten bilden bereits einen Überstaat, wie im Mittelalter die katholische Kirche, die den Kaiser zum Gang nach Canossa gezwungen hat, und, nebenbei bemerkt, die Anstalten sind genau so wie die katholische Kirche streng hierarchisch organisiert und betreiben ein Programm für jene Leute, die keine Veränderung ihrer Lebensumstände mehr erwarten.
Die strenge Hierarchie von ARD und ZDF ist auf dem Bildschirm
jedoch nicht zu erkennen. Sie wird nur dadurch deutlich, wie konsequent eine Meinung von oben nach unten, von der Regierung zur Tagesschau, durchgereicht wird und wie systematisch abweichende Meinungen und ihre Protagonisten, also die Ungläubigen, ausgeschaltet werden. Die Kehrseite der Medaille ist, die Jugend kehrt dem Fernsehen schon lange den Rücken.
In der Corona-Krise wurde der hierarchische Umgang mit Nachrichten und Bewertungen besonders deutlich. Nie wurden Kritiker zugelassen, nie kamen Gegenvorschläge auf den Schirm, nie wurde daran gezweifelt, dass ausgerechnet die Kanzlerrunde das geeignete Kompetenzzentrum für Pandemie-Bekämpfung ist.
Der große Vorteil einer Demokratie ist aber die Meinungsfreiheit und die Veröffentlichung anderer Meinungen. Erst durch Kritik und offene Diskussion kommen dann Verbesserungen zustande. Wo Meinung unterdrückt wird und Konformität herrscht, werden Irrtümer perpetuiert.
Wollt ihr den totalen Funk?
Mit Medienmacht oder gewaltiger Medien-Übermacht kann die Obrigkeit alles durchsetzen, was sie will. Wer das zuerst erkannt hat, waren die Bolschewiki unter Wladimir Iljitsch Lenin und später noch radikaler unter Stalin. Ein deutscher Kommunist namens Joseph Goebbels hat diese Methode der Meinungsmanipulation früh durchschaut, er hat sich den Nationalsozialisten angeschlossen und von 1930 bis 1945 die Propaganda Adolf Hitlers für Krieg und Judenmord perfektioniert.
Joseph Goebbels, der Reichspropagandaleiter, organisierte im Februar 1943, als der Krieg in Russland, nach der Schlacht um Stalingrad, bereits verloren war, ein erstaunliches Event: die Sportpalast-Rede. Er hatte dort 1000 Leute als Publikum eingeladen und behauptete, das sei ein repräsentativer Querschnitt der deutschen Bevölkerung. Und er stellte ihnen die Frage: Wollt ihr den totalen Krieg? Und das Volk schrie laut und mehrmals hintereinander: Ja, ja, ja, ja, ja!
Das war 100% inszenierte Zustimmung, dargestellt und verbreitet im staatlichen Rundfunk. Das Beispiel zeigt uns, wie Propaganda funktioniert, und auch, woran man sie erkennt. Man erkennt totalitäre Propaganda an den hohen Zustimmungswerten.
Die Zahlen sind entlarvend, aber die Propaganda kann die hohen Zustimmungswerte nicht verschweigen, denn sie sind das Ziel und das Ergebnis der Propaganda. Aus der Distanz gesehen, sind solche Zustimmungswerte auch ein einfacher Hinweis darauf, dass die Meinungen durch Medien gesteuert sind.
Das schrieb Rob Kenius am 10.12.2020
wiederveröffentlicht am 15.12.2024
Für diesen Essay gilt nicht die Creative Common Lizenz.
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Das zweite Exponat:
Schon am 02.10.2020, im ersten halben Jahr nach Ausbruch der Pandemie in Deutschland, schickte ich an Telepolis den Artikel, der dann gleich veröffentlicht wurde:
Die zweite Welle überschlägt sich, das Besondere:
Es wird nicht nur anhand von offiziellen Zahlen klar gestellt, dass hinter der Panikmache der Medien, angestachelt von Karl Lauterbach und Christian Drosten, gar keine gefährliche Krankheit steckt. Es geht auch um den Standpunkt, dass dieses ganze Theater um Corona von den wirklichen Problemen ablenkt, mit denen sich Politiker, Parteien, Medien und die so unendlich beliebte Kanzlerin ernsthaft hätten beschäftigen müssen.
- Zerstörung der Umwelt
- Verschwendung von Rohstoffen und Energie
- Krise der Medien
- Erosion der Demokratie
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Ungebremste Macht der Finanzwelt
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Kriegsvorbereitungen
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Rüstung und Kriegshetze (2020!)
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Dauerkrise der EU
Dann wird anhand statistischer Überlegungen nachgewiesen, dass die Kampagne unwissenschaftlich und irreführend ist. Obwohl Telepolis damals den Artikel brachte, hat sich keine Instanz und keine Mainstream-Medium für die Wahrheit interessiert.
Aber lest selbst, es ist erfrischend.
Die zweite Welle überschlägt sich
Grippesaison, Risikogebiete, Reisewarnungen und immer wieder die Zahl der angeblich Neuinfizierten, das sind die Schlagworte, mit denen die Corona-Krise in die nächste Saison verlängert wird. Dagegen steht die Realität mit medizinischen Fakten, Zahlen und dem Verständnis von Statistik.
Hinter dem Vorhang aber lauern echte Probleme, die nicht mehr zur Sprache kommen; denn es herrscht Konsens zwischen Regierung, den großen Medien und einer Mehrheit im Publikum, dass man diese Büchse der Pandora nicht wieder aufmachen soll. Trotzdem und genau deshalb seien die realen Herausforderungen hier kurz aufgezählt:
Die Krisen hinter der Corona-Krise
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Größtes Problem: Zerstörung der Umwelt und Klimawandel
- Verschwendung von Rohstoffen und Energie:
Menschen haben durch ihre Zahl, ihren Konsum, ihre Beweglichkeit und Bequemlichkeit, durch ihre Gier und Unersättlichkeit den Planeten so sehr ausgebeutet, verschmutzt und malträtiert, dass viele Schäden nicht mehr zu beheben sind.
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Die Krise der Medien: Parteipolitiker und Medien wiederholen ständig die gleichen Narrative; es besteht zwischen Regierung und Medien ein aufdringlicher Konformismus.
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Erosion der Demokratie: Alle Parteien wollen das Gleiche, NATO, Rüstung, Wachstum und Schulden für die nächste und übernächste Generation.
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Die ungebremste Macht der Finanzwelt: Steigender Reichtum, steigende Armut, steigende Geldmenge, steigende Schulden, keine Kontrolle von Banken und Giralgeldschöpfung.
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Kriegsvorbereitungen
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Rüstung und Kriegshetze. Sinken der Hemmschwelle durch Drohneneinsätze. Hetze gegen Russland, Iran und China.
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Dauerkrise der EU: Beschlussunfähigkeit durch Bestimmungen, die mit 6 Mitgliedern gefasst wurden und bei 27 Mitgliedern nicht durchführbar sind. Es ist tausendmal leichter, einen Beschluss zu verhindern, als einen herbei zu führen.
All das wird verdrängt, während man eine Obergrenze bei Hochzeitsfeiern in Betracht zieht oder Reisewarnungen für Wien ausspricht. Und Herr Lauterbach verdrängt mit seiner Corona-Phobie den Niedergang der SPD.
Jedes einzelne der genannten Probleme, außer der SPD, bedroht unsere Zukunft wesentlich mehr als das Corona-Virus Sars-CoV-2, aber keins von ihnen ist so leicht zu bewältigen. Gegen Corona genügen Ordnungsmaßnahmen. Spielraum für Politiker auf allen Ebenen, sich zu profilieren, zu diskutieren und ins rechte Licht zu rücken. Hin und her, an und aus, auf und zu. Herr Drosten testet und testet und testet seine Tests.
Viele Tests, nur 1% positiv, wenige Infektionen, kaum Tote.
Anhand der Zahl der positiv verlaufenen Tests wird Angst geschürt. Wenn dann auch noch behauptet wird, die geringe Zahl der Todesfälle wäre auf die Maskenpflicht und die Abstandsregeln zurückzuführen, dann widerlegt diese Argumentationskette sich selbst.
Die Zahl der positiven Tests zeigt ja, dass die einschränkenden Maßnahmen die Verbreitung des Virus nur verzögern. Die geringe Zahl der Todesfälle bei steigenden Zahlen positiver Tests beweist dagegen, dass die Krankheit relativ harmlos ist und nicht, dass die Maßnahmen gegen die Verbreitung des Virus erfolgreich waren.
Der Gedankenfehler welcher der Linie der Politik und der Mehrheitsmeinung zugrunde liegt, ist folgender:
Bekämpfung des Virus wird mit Rettung von Menschenleben gleich gesetzt. Das hört sich gut an und klingt plausibel. Es ist aber ein Trugschluss. Dieser Trugschluss basiert auf einem Mangel an Kenntnissen von statistischen Zusammenhängen und dem Gespür dafür.
Man unterscheidet nicht zwischen Korrelation und Kausalität.
Eine Kausalität zwischen Übertragung eines Virus und dem Tod einer Person kann prinzipiell nicht festgestellt werden, da es sich um einen statistischen Prozess handelt, bei dem Einzelereignisse nicht erfasst werden können. Auch Virologen können das nicht. Sie verstehen, wie das Virus an Zellen andockt und sich vermehrt. Das konkrete Ereignis wird aber vom Zufall bestimmt.
Zwischen der Ausbreitung des Virus und der Erkrankung besteht eine vom Zufall beherrschte Beziehung, die quantitativ als Korrelation beschrieben wird. Der Korrelations-Koeffizient gibt an, wie stark der statistische Zusammenhang ist.
Zwischen der schnellen Ausbreitung des Virus, der steigenden Zahl der Tests mit einer steigenden Zahl von positiven Testergebnissen besteht eine starke Korrelation. Das ist logisch. Das Virus breitet sich aus, es wird viel getestet, die DNA des Virus wird in den Proben entdeckt.
Zwischen den positiven Testergebnissen, den Infektionen und den Todesfällen, bei denen Covid19 im Spiel ist, besteht aber nur eine sehr schwache Korrelation. Die Todesfälle sind wenige und sie korrelieren fast immer (stehen im nachgewiesenen statistischen Zusammenhang) mit anderen Todes-Risiken:
Hohes Alter,
angegriffenes Herz-Kreislauf-System,
Vorerkrankungen (Hepatitis, Zuckerkrankheit).
Diese anderen Korrelationen verringern den Korrelations-Koeffizienten des Virus; denn alle Koeffizienten zusammen (bekannte und unbekannte) ergeben höchstens 1. (1 bedeutet, dass ein Todesfall eintritt.) Wie stark die Korrelation mit anderen Todesursachen ist, erkennt man an Folgendem: Das Durchschnittsalter der Corona-Toten liegt in in Deutschland bei 82 Jahren (Netzwerk Evidenz basierter Medizin) und damit oberhalb der durchschnittlichen Lebenserwartung von 81 Jahren.
Das Netzwerk evidenzbasierte Medizin (EbM) diskutiert umfangreiche und aktuelle Forschungsergebnisse (in Medizinersprache) und fordert evidenzbezogene Maßnahmen anstatt wahlloser Tests an Menschen ohne Symptome. https://www.ebm-netzwerk.de/de/veroeffentlichungen/covid-19
Es ist natürlich zu bedauern, wenn alte Menschen vorzeitig sterben, doch die Statistik lehrt uns, dass wir mit Maßnahmen für die gesamte Bevölkerung, Kinder eingeschlossen, diese Risikogruppe kaum schützen können. Sehr Alte und Schwache haben nur mit wenigen Personen Kontakt und da muss man gezielt mit Hygiene ansetzen (nicht mit Isolation), das würde sie mehr schützen als Maskenpflicht für alle und willkürliche Massentest. Die Angst vor Corona muss nicht größer sein als die allgemeine Angst vor dem Tod, die man nicht weg diskutieren kann, weil der Mensch ja sterblich ist und im Schnitt kaum 85 Jahre alt wird.
Die tiefgreifenden Ordnungsmaßnahmen mit ihren Auswirkungen auf die gesamte Gesellschaft führen nur in wenigen, nicht greifbaren Fällen dazu, dass bedrohte Leben verlängert werden.
Testen, testen, testen! Aber keine Infektionen
Wenn die Zahl der Tests steigt, steigt die Zahl der positiv verlaufenen Tests, das ist logisch, und nicht bedrohlich.
Relevant ist nicht die absolute Zahl der positiven Testergebnisse, sondern der prozentuale Anteil der positiven Ergebnisse an der Zahl der durchgeführten Tests. Und die ist bei Zufallstest sehr niedrig, etwa 1%.
Wenn der Test positiv verläuft, sind das aber keine Neuinfektionen, wie immer behauptet wird. Es sind nämlich gar keine Infektionen. Eine Infektion liegt dann vor, wenn ein Virus sich im Körper so weit vermehrt, dass ein Infekt, also eine Entzündung, eintritt: Symptome wie bei einer Erkältung oder Grippe mit Fieber. Das ist Neuinfektion, nicht der Nachweis von Viren-DNA im Speichel.
Neuinfektion als Falschwort benutzt, täuscht darüber hinweg, dass die meisten Menschen, auch die positiv Getesteten und insbesondere alle Kinder, gar nicht auf das Virus reagieren, sondern es abwehren oder überwinden ohne Hilfe der Medizin. Nur, wenn das Virus eine Infektion verursacht, wird es gefährlich. Genau diese Tatsache wird durch das Wort Neuinfektionen übergangen.
Eine Wissenslücke der Virologen
Das Corona-Virus hat die Eigenschaft, sich auch auf Träger zu verbreiten, bei denen keine Infektion eintritt. Wie und wie oft das genau geschieht, ist noch nicht bekannt. Dass es aber so geschieht, wurde besonders deutlich am Fall der Großschlachterei Thönnies: Weit mehr als hundert positiv getestete Mitarbeiter, aber keine einzige Erkrankung.
Wenn man sich in die Welt des Virus hineindenkt, einige Virologen tun das, dann wird diese Merkwürdigkeit verständlich. Ein Virus hat nicht die Absicht, Menschen zu töten oder krank zu machen, sondern es will sich ausbreiten und vermehren. Wenn die Träger schwer erkranken oder sterben, ist dies für die Ausbreitung des Virus kontraproduktiv.
Wenn ein Virus sich schnell ausbreitet, ohne viel Schaden anzurichten, ist es aus der Sicht dieser Existenzform ein Erfolg. Das Corona-Virus Sars-CoV-2 ist in diesem Sinne ein sehr erfolgreiches Virus, wie andere Corona-Viren auch, es vermehrt sich schnell und hat sich in drei Monaten global ausgebreitet, Covid-19 ist aber deshalb noch keine besonders gefährliche Krankheit. Sars-CoV-2 ist auch nicht harmlos, denn es verursacht Lungenentzündungen und Thrombosen, aber es ist kein Killervirus, weil nur wenige erkranken und bei guter Behandlung die meisten Erkrankten überleben.
Realistische Sicht auf eine fremde Welt
Viele Menschen fühlen sich gesund und stark genug, sich dem Virus zu widersetzen, sie spüren, dass sie falsch informiert werden und sehen, dass sich Sars-CoV-2 zwar erstaunlich leicht verbreitet, aber nur in einer kleinen Risikogruppe Schaden anrichtet.
Die schwachen und anfälligen Menschen in Altenheimen und Krankenhäusern gezielt zu schützen und optimal zu behandeln, ist Aufgabe der Medizin und des Pflegepersonals, unterstützt durch den Staat und die Allgemeinheit. Das funktioniert in Deutschland mit seinem aufwändigen medizinischen System recht gut. Aber Falschinformationen und Angst zu verbreiten, und gesunde Menschen, sogar Kinder, durch Gesichtsmasken sprachlos zu machen, leistet dazu keinen konstruktiven Beitrag.
Was testet Drosten mit seinem PCR-Test?
Die DNA ist bekanntlich ein spiralförmiges Riesenmolekül, das sich selbst reproduzieren kann. Bei den Tests wird die Reproduktion im Labor induziert und dann 30 mal bis 45 mal in Zyklen wiederholt, bis eine analytisch feststellbare Menge an DNA vorliegt.
Es handelt sich bei diesen Zyklen aber nicht um das digitale (mathematisch korrekte) Kopieren, sondern um einen biologischen Vorgang, der mit einer Fehlerquote behaftet ist. Diese Fehler werden in der Kaskade ebenfalls immer wieder vervielfältigt (potenziert), so dass nach 30 und mehr Zyklen Unsicherheit besteht, ob überhaupt und vor allen Dingen, wie viele Viren am Anfang in der getesteten Probe vorhanden waren.
Der Regierungsberater Prof. Drosten hat selber so einen Test mit 45 Zyklen entwickelt, der nach ihm benannt wurde.
Der mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnete Professor ist weiterhin der Wortführer in der Corona-Debatte. In seinem Interview in einem Podcast des NDR steuert er eine neue Richtung in seiner Argumentation an und fordert (zunächst für Schüler) einen Antigen-Test. Damit rückt er, ohne es zuzugeben, ab vom millionenfach ausgeführten PCR-Test, wie er ihn selber entwickelt hat.
https://www.ndr.de/nachrichten/info/Drosten-im-Corona-Podcast-Das-Alter-ist-entscheidend,coronavirusupdate118.html
Der Antigen-Test reagiert nach Darstellung der Pharmazeuten auf Infektionen der getesteten Person, während der PCR-Test, wie schon erwähnt, auf die DNA des Virus reagiert und nicht Infektionen feststellt, sondern Viren-DNA in nachweisbarer Menge erzeugt und dann nachweist. Wegen der kaskadenartigen Vermehrung im Test, mit Faktoren 2 hoch 30 bis zu 2 hoch 45, ist die Anfangsmenge der DNA nur vage zu bestimmen.
Deshalb ist das Falschwort Neuinfektionen für positive PCR-Testergebnisse unangebracht.
Die neuesten Erkenntnisse, die Prof. Drosten darlegt, beziehen sich auf eine Metastudie auf Basis internationaler Studien in USA und Europa, nicht in Deutschland, von denen am Ende nur wenige, sehr zuverlässige, ausgewählt wurden. Das wesentliche Ergebnis ist, dass die Anfälligkeit für Covid-19 fast nur vom Alter abhängt.
Der Zusammenhang ist logarithmisch linear, das bedeutet umgekehrt mit steigendem Alter steigt die Todesrate der nachweisbar Infizierten exponentiell. Bis auf 2% etwa für 75 Jahre und 5% für 80 Jahre und dann krass oberhalb der durchschnittlichen Lebenserwartung auf 20% oder mehr.
Wenn Herr Drosten dann sagt, das sei wie die Pest im Mittelalter, ist das Angstmache, denn er vergleicht die absolute Sterblichkeit der Pest (über alle Altersgruppen, etwas anderes ist nicht bekannt) mit einer Sterblichkeit der nachweisbar an Covid-19 erkrankten im Alter über 85 Jahren. Diese Menschen sind, wie jeder weiß, anfällig und schwach. Im Mittelalter hat kaum jemand dieses Lebensalter erreicht.
Im Groben ist das Ergebnis der Metastudie nicht neu; denn es war bereits bekannt, dass das Durchschnittsalter der Corona-Toten stark vom Alter abhängt und in Deutschland bei 82 Jahren liegt. Was Herr Drosten immer noch verschweigt, ist die Tatsache, dass der positive PCR-Test, nicht Neuinfektion bedeutet, sondern nur einen Viren-Nachweis darstellt, der in der großen Mehrheit der Fälle nicht zur Krankheit führt.
Immer noch macht die Mediendarstellung den Fehler, den Zusammenhang nicht statistisch korrekt zu erfassen. Das Virus ist eine Todesursache von mehreren und die Korrelation ist schwach, insbesondere die Korrelation mit PCR-Testergebnissen. Wegen dieser Tests werden aber bisher alle Maßnahmen verordnet.
Der stärkste Widerspruch gegen die Ordnungsmaßnahmen kommt aus den Kreisen von Medizinern, insbesondere von Epidemiologen, die ein Gespür für die Ausbreitung von Viren haben (haben müssen), also für die statistischen Zusammenhänge. Der Tenor dieser Ärzte ist: Wir müssen mit dem Virus leben und können es nicht ausrotten, weil es sich so leicht verbreitet. Zu dieser evidenzbasierten Einstellung gehört es, sehr alte Menschen ganz gezielt vor Infektionen zu schützen.
Einfache Maßnahmen mit vager Wirkung
Das alles ist kompliziert und nicht leicht verständlich, wird aber von Politikern und Medien in simple Schlagworte umgesetzt, die einfache Maßnahmen rechtfertigen, welche die Verbreitung des Virus einschränken sollen. In den Medien dominieren starke Vokabeln, die ständig wiederholt werden: Pandemie, steigende Infektionszahlen, Multi-Spreader, globale Gefahr.
Nehmen wir an, ein Mundschutz für alle Käuferinnen und Verkäufer in allen Supermärkten würde das Infektionsrisiko in Supermärkten um 50% senken, was nicht erwiesen ist, dann sagt uns die Statistik: Die Wahrscheinlichkeit, dass sich unter 50 oder 100 Personen überhaupt Infizierte im Laden aufhalten oder, dass man selber infiziert ist, die ist sehr nahe bei Null.
Diese winzige Wahrscheinlichkeit (aus Rücksicht oder Vorsicht) durch Mundschutz für alle, weiter zu reduzieren, macht keinen Sinn. Sinnvoll wäre es, dass diejenigen, die sich selbst zur Risikogruppe rechnen, freiwillig eine medizinisch effektive Gesichtsmaske tragen, wenn sie in die Öffentlichkeit gehen. Das Beispiel Supermarkt lässt sich auf die meisten anderen Kontakt-Risiken übertragen. Besonders krass ist es beim Mundschutz in Schulen.
Kinder erkranken nicht an Corona.
Pharmaindustrie und Gesundheitswesen verdienen oft mehr an Diagnostik als an der Therapie. Hier ist ein Sonderfall: Sie führen in vielen Millionen von Fällen einen Test durch, der z.B. 100 Euro kostet und der nicht einmal die Diagnose einer Krankheit darstellt, sondern nur die Ausbreitung des Virus dokumentiert. Das ist, wie schon erwähnt, nicht das Gleiche.
Zahlreiche Viren sind nicht automatisch Feinde oder Killer von vielen Menschen. Sie bilden eine Gefahr, aber die Gefahr ist, statistisch gesehen, gering. Und anders als statistisch kann man den Vorgang einer Epidemie nicht verstehen, weil weder das einzelne Virus erfassbar ist, noch der einzelne Ansteckungsvorgang.
Das ist die Realität, sie ist schwerer verständlich als eine einfache Ordnungsmaßnahme: In der Tram und im Supermarkt Mundschutz tragen! Die Erkenntnis der Realität macht diese Ordnungsmaßnahme unsinnig. Wer sie einhält, rettet kein Leben, sondern betreibt eine Ersatzhandlung, ähnlich wie das Bekreuzigen mit Weihwasser beim Betreten der Kirche.
Man stelle sich vor, es gäbe einige Todesfälle, die mit einem Herpes-Virus in Verbindung stehen und man wolle diese dadurch verhindern, dass man die Ausbreitung der Herpes-Viren global bekämpft. Ein riesiges Thema für Virologen, Gesundheitspolitiker, Medien und... Satire.
Es geht nicht darum, das Ausbreiten eines Virus zu verhindern, sondern darum, Menschen vor Krankheit
und Tod zu bewahren.
Wer das will, findet schnell Ansatzpunkte mit größerem Effekt, also mit einer stärkeren Korrelation zur Verlängerung von Menschenleben:
Man könnte beispielsweise...-
große und kleine Veranstaltungen mit viel Bier, Wein und Alkohol meiden oder untersagen.
-
das Inhalieren von Genussmitteln jedweder Art unterlassen oder unterbinden, nebst der Werbung dafür.
-
Fleischkonsum einschränken durch Verzicht oder durch Verbot von Massentierhaltung und Auflösung der Großschlachtereien.
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das Naschen von Süßigkeiten, besonders bei Kindern, unterlassen und/oder durch Werbe-Auflagen und eine gestaffelte Mehrwertsteuer eindämmen.
Das sind reale Möglichkeiten mit Erfolgsgarantie. Sie verkleinern die Risikogruppe für Covid19 und für zahlreiche andere Krankheiten, verbessern die allgemeine Gesundheit und die Lebensqualität.
Würde eine Regierung (und die ihr treuen Medien) so etwas verkünden, wäre auch ein Konsens über solche Maßnahmen möglich und unterm Strich würden mehr Menschen gerettet als durch Mundschutz, Abstand und Maul halten.
Die Gesichtsmaske ist offiziell zum Symbol für Solidarität erklärt worden, doch sie ist für viele Menschen nur noch ein Zeichen des Gehorsams und des Glaubens an die offizielle Version. Dabei ist gesellschaftlicher Druck entstanden, der Gedanken und Gefühle von Freiheit unterdrückt.
Was hilft gegen das Überschwappen der zweiten Welle? Der Autor empfiehlt in jedem Fall viel frische Luft und mehr Demokratie als Aktionsprinzip, von unten bis ganz oben.
10.12.2020, veröffentlicht auf TELEPOLIS
wiederveröffentlicht am 12.01.2025
Für diesen Essay gilt nicht die Creative Common Lizenz.
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Das dritte Exponat
Verborgene Parameter enden im Nirgendwo.
Das dritte Exponat aus der Sammlung der 50.000 gelöschten Artikel ist unpolitisch und zeitlos. Es ist einer der seltenen Essays, die ich zu Themen der theoretischen Physik veröffentlicht habe. Der damalige Chefredakteur und spiritus rector von Telepolis Florian Rötzer interessiert sich bekanntlich für alles, was ungewöhnlich ist. Und so schickte ich am 07.08.2020 den Essay
Verborgene Parameter enden im Nirgendwo,
der dann auch veröffentlicht wurde.
Wer den Begriff Quantenlogik nicht aus seinem Wissensfeld ausschließen will, findet hier einen kurzen Einblick. Das besondere daran: Man kann auch mit dem Nichtwissen von Dingen exakte Wissenschaft, namentlich Statisktik, und sogar Logik betreiben. Das hat Sokrates schon angedeutet mit seinem bekannten Spruch: Ich weiß, dass ich nichts weiß, den man aus dem Griechischen auch anders übersetzen kann: Ich weiß, was ich nicht weiß.
Verborgene Parameter enden im Nirgendwo.
Ein kleiner Essay über die Logik in der Quantenphysik
Verborgene Parameter enden im Nirgendwo. So könnte man ein Ergebnis der Quantenphysik im 21. Jahrhundert titulieren, das sich von Albert Einsteins Vorstellungen entfernt hat.
Vor mehr als hundert Jahren wurde damit begonnen, Atome und ihre Bauteile, sowie das Licht mit den Methoden der Quantenphysik zu beschreiben. Die Erkenntnisse aus den Experimenten standen im Widerspruch zur klassischen Physik. Es sollte nicht mehr alles einen Grund haben. Man beobachtet zufällige Ereignisse, die nur statistisch beschrieben werden können. Das einzelne Ereignis ist nicht vorhersehbar und es ist nicht vorher zu berechnen, ob und wann es stattfindet.
Radioaktive Kerne können ohne ersichtlichen Grund zerfallen, mit einer statistischen Wahrscheinlichkeit, die man so angibt, dass man sagt, in welcher Zeit die Hälfte der Kerne zerfällt. Das ist die sogenannte Halbwertszeit, eine statistische Größe. Über den Zerfall eines einzelnen Atoms lässt sich keine Vorhersage machen.
Solche Erkenntnisse standen auch im Widerspruch zur allgemein gültigen Logik. Es war nicht abwegig, zu vermuten, dass die klassische Logik trotzdem richtig ist und dass ein Grund für den spontanen Zerfall eines Atoms existiert, ein sogenannter verborgener Parameter. Albert Einstein war ein Anhänger dieser Denkweise und er formulierte seinen Zweifel an der Zufälligkeit so:
Gott würfelt nicht.
Der Satz ist kein Beweis dafür, dass Einstein an Gott geglaubt hat, er wollte sagen: In der physikalischen Welt gibt es kein Ereignis, das dem Zufall überlassen ist. Es gibt kein Experiment, dessen Ergebnis ohne Grund so oder genau umgekehrt ausfallen kann. Diese Ansicht hat sich als falsch herausgestellt, doch sie ist auf der Welt unter denkenden Menschen auch im Jahre 2020 noch weit verbreitet.
Mit Albert Einstein als Leitfigur haben Legionen von Wissenschaftlern, Pseudowissenschaftlern, Logikern und Philosophinnen nach verborgenen Parametern gesucht. Dass sie keine gefunden haben, ist noch kein Beweis, dass es sie nicht gibt. Es ist generell äußerst schwer, zu beweisen, dass es irgendetwas nicht gibt.
Erfolgreicher, als nach verborgenen Parametern zu suchen, ist es, die Dinge, deren Existenz nicht bewiesen ist, nicht zu berücksichtigen und sie gewollt oder ungewollt zu vergessen.
Genau das taten viele Physiker. Sie suchten nicht nach den verborgenen Parametern, sondern sie änderten ihr Denken und passten es der neuen Realität von Photonen, Elektronen, Protonen und Neutronen an. Sie lernten das Denken in Quanten und in Zufällen aus der atomaren Erfahrung, wie es die Physik seit Galileo Galilei vorschreibt:
Das Experiment ist entscheidend.
Der Zerfall von Atomen hängt davon ab, welche Isotope eines Elements vorliegen. Uran 235 zerfällt schnell. Neutronenströme beschleunigen den Zerfall. Wenn man aus dem natürlichen Uran das Isotop 235 anreichert, kann es blitzschnell gehen. Andererseits kann man diesen Prozess drosseln durch den Einschub von Elementen, die Neutronen aufnehmen.
Die Ideen eines Atomreaktors und der Atombombe sind damit gleichzeitig geboren: Uran 235 anreichern, Explosives Material unter Kontrolle halten, die Kontrolle schnell entfernen, explosive Teile zusammenfügen.
In diesen Tagen jährt sich zum 75. mal der Abwurf der ersten Atombombe auf Hiroshima im bereits militärisch besiegten Japan, dessen Kaiser damals noch nicht kapituliert hatte. Deutschland hatte kapituliert, weil die Sowjetarmee in Berlin stand.
Die Berechnungen der Atomphysiker, basierend auf den Grundlagen der Quantenmechanik wurden so brutal wie nur möglich angewandt und sie gelten mit unschlagbar hoher Sicherheit. Nach den beiden Bombenabwürfen der USA sind viele tausend Atomwaffen gebaut worden, man hält sie zurück, doch es ist todsicher, dass sie losgehen, wenn man sie zündet.
Die wesentlich langsamere und kontrollierte Kernspaltung in Atomkraftwerken zur Gewinnung von Prozesswärme wird nach zwei verheerenden Unfällen hoffentlich irgendwann eingestellt.
Quantenphysik und Erkenntnis-Theorie
Inzwischen sind die Experimente der Physiker wesentlich intelligenter geworden; sie dienen der Erkenntnis und der höheren Technik, nicht der Zerstörung und radioaktiven Energie. Es ist inzwischen sogar gelungen, den Nachweis zu bringen, dass es die verborgenen Parameter der Quantenphysik nicht gibt. Im Gegenteil. Die klassische Logik muss ausgeblendet werden. Ereignisse ohne Ursache, die sich statistisch korrekt beschreiben lassen, gibt es genug.
Es ist in vielen Bereichen, nicht nur in der Quantenphysik, angesagt, nicht-kausale Zusammenhänge zur Kenntnis zu nehmen und dieses Denken auch anzuwenden, wenn es einen Grund geben könnte, den man aber nicht kennt oder nicht erfahren kann. Der Denkzwang, hinter allem, was sich statistisch entwickelt, einen Steuermechanismus oder eine steuernde Macht zu suchen, geht oft am Ziel vorbei.
Das Ziel ist, die Dinge zu verstehen. Man versteht sie am besten so, wie sie sich zeigen, nicht wie es der eigene Kopf oder eine Autorität oder Tradition und die herrschende Meinung vorschreiben.
Die Quantenphysik hat uns sehr schräge Zusammenhänge präsentiert, genau wie die gleichzeitig entstandene Jazzmusik. Es gibt sogar elementare Ereignisse, die keine eindeutige Lokalität haben, die also die Kategorie des Raumes nicht zur Kenntnis nehmen, die an zwei verschiedenen Orten stattfinden und doch das gleiche Ereignis sind.
Verschränkte Photonen, ewige Zwillinge im Weltall.
Verschränkte Photonen bewegen sich in entgegengesetzte Richtungen und egal, wie weit sie sich voneinander entfernen, sie bleiben ein einziges Quantenereignis, beschrieben durch eine einzige Schrödingergleichung.
Diese Dinge werden experimentell bestätigt, mit der Statistik großer Zahlen und sie gelten auf beliebige Distanzen. Es ist wahrscheinlich, dass sich verschränkte Photonen seit Milliarden Jahren im Weltall bewegen und ihr Quantenzustand hat sich nie geändert.
Um das im Kopf auszuhalten, sagt man sich am besten, dass Photonen gar keinen Ort als Teil ihrer Realität besitzen, ein Ort ist da, wo sie auftreffen und eine Reaktion auslösen, zum Beispiel den Quantensprung eines Elektrons. Photonen haben einen Ort ihrer Entstehung und gegebenenfalls einen Ort ihrer Vernichtung, dazwischen sind sie nur eine Frequenz, eine Richtung und Energie mit Lichtgeschwindigkeit, also Licht.
Realität ist weniger, als man denkt.
Mit verschränkten Photonen lässt sich statistisch nachweisen, dass die Annahme eines verborgenen Parameters, falsch ist. Dieser Nachweis funktioniert nach einer komplizierten Logik, quantitativ formuliert in der sogenannten Bellschen Ungleichung. Die Bellsche Ungleichung müsste immer erfüllt sein, wenn ein ursächlicher Zusammenhang zwischen den verborgenen Parametern und der Lokalität verschränkter Photonen bestünde.
Diese verborgene Parameter müsste in der Lage sein, nach eigenen Gesetzen einmal dies und einmal das zu bewirken, und so die Korrelation der Ereignisse (die Abhängigkeit der statistischen Ergebnisse voneinander) zu verringern, also mehr Zusammenhang herzustellen. Aber die Korrelationen der Messergebnisse an verschränkten Photonen sind größer als die klassische Annahme zulässt.
Die verschränkten Photonen sind, wie schon erwähnt, eine Einheit, die durch eine einzige Schrödingergleichung korrekt beschrieben wird. Die Bellsche Ungleichung ist nicht erfüllt, die Photonen folgen der Logik der Verschränkung, sie sind an verschiedenen Orten, aber identisch.
Schwer vorstellbar, doch statistisch nachgewiesen.
Der menschliche Verstand wehrt sich gegen solche Erkenntnisse und das ist nicht verwunderlich, er besteht ja aus lebendigen Zellen. Das ist eine ganz andere Welt. Das Gehirn bildet die Realität draußen nur ab, es kann sie nicht nachvollziehen, weil es eine völlig andere Konsistenz hat. Und doch ist es in der Lage, immer mehr Dinge zu verstehen, wenn es anfangs auch schwer fällt, harte Fakten zur Kenntnis zu nehmen.
Was Albert Einstein vermutete, ist falsch. Es gibt keine verborgenen Parameter in der fundamentalen Welt der Quanten.
Die Realität ist so einfach, wie sie sich präsentiert. Oft fehlen Zusammenhänge, nach denen wir gesucht haben:
- Es fehlt der Grund,
- es fehlt die Lokalität,
- es fehlt ein zeitlicher Ablauf,
- es fehlt die Möglichkeit der genauen Beobachtung,
- es fehlt das einzelne Ereignis.
All das kann in der Quanten-Realität fehlen und wer danach sucht, verschwendet Zeit, nicht physikalische Zeit, sondern Lebenszeit.
Wenn man das zur Kenntnis genommen hat, kann man daraus einiges lernen. Quantenphysik sagt viel über die Grundlagen der Wahrnehmung. Die Quantenlogik ist genau so gültig wie die herkömmliche Logik der Mathematik und Philosophie, sie ist ein fundamentaler Teil der Erkenntnis von Wirklichkeit.
Quantenlogik lehrt uns, nicht immer nach dem Grund zu suchen, nicht immer nach einem Verursacher zu suchen, nicht immer nach einem Ort der Entstehung zu suchen. Und nicht nach Göttern und Teufeln zu suchen, die dahinter stecken.
Es gibt möglicherweise auch bei auffälligen und weit verbreiteten (statistischen) Ereignissen in der Menschenwelt keine verborgenen Parameter und das heißt, es gibt auch wahrscheinlich niemanden, der als Verursacher oder Teil einer geheimen Regentschaft dahinter steckt.
Gott würfelt nicht. Der Teufel hat aber auch nicht Würfel heimlich gezinkt.
07.08.2020
wiederveröffentlicht am 15.01.2025
Für diesen Essay gilt nicht die Creative Common Lizenz.
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